Kurzer Bericht zur Einwohnerversammlung am 2.2.2011

Autor:in

Thilo Pfennig

Veröffentlichungsdatum

3. Februar 2011

Ca. 140 BürgerInnen hatten sich im viel zu vollen Ratssaal versammelt, um sich zum einen über die Pläne zum Förderahmenplan zu informieren, sowie Fragen und Anträge zu stellen. Die “neue Homepage” wurde auf der Veranstaltung unter www.kieler-foerde.eu freigeschaltet. Allerdings ist das nur eine Weiterleitung zu den ganz normalen Webseiten der Stadt Kiel (Frames!).

Bestimmte Rechte vorbehalten (CC)

Kieler Förde

Meine Kritik im Vorfeld wäre, dass die Einwohnerversammlung nicht direkt auf www.kiel.de verlinkt war. Auch nicht in den öffentlichen Pressemeldungen.

Ich habe auch die Pressmeldungen für die Presse abonniert. Dort kam Sie am 28.1.:

Pressedienst der Landeshauptstadt Kiel

048/28. Januar 2011/ang

Einwohnerversammlung: Kielerinnen und Kieler arbeiten mit am Rahmenplan Kieler Förde

Die Stadtpräsidentin sagte, dass rechtzeitig zwei Wochen vorher eingeladen wurde. Ich habe jedoch erst 4 Tage vorher davon erfahren. Die Hauptsatzung verpflichtet in § 14 zu der Frist von 2 Wochen: “[…] Zeit, Ort Tagesordnung  und Tagesordnung der Einwohnerversammlung sind mindestens zwei Wochen vor dem beabsichtigten Termin öffentlich bekannt zu geben. […]”

Auf KN-ONLINE.DE kam es auch nicht. Weiß jemand, wann es in der Druck-KN vorher kam? Ich gehe mal davon aus, dass es irgendwo rechtzeitig stand, aber ich würde mal sagen bestenfalls suboptimal, wenn es auf keinem der Presseverteiler der Stadt Kiel rechtzeitig erwähnt wird und nicht auf www.kiel.de. Ich muss da doch Taktik unterstellen. Denn wenn man Einwohner umfassend beteiligen will,muss man natürlich auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen frühzeitig - und das am besten nicht nur erst zwei Wochen vorher, informieren.

Zum Formalen: Anders als von mir befürchtet, hatte die Stadtpräsidentin die Bürger sehr wohl über ihre Rechte informiert. Ich hatte schon befürchtet es wird eine totale Alibiveranstaltung. D.h. es gab mehrere Möglichkeiten einzuhaken. Nach einer Einführung wurde die Tagesordnung vorgestellt. Hier hätten Bürger weitere Tagesordnungspunkte beantragen können, die dann mit 25%iger Mehrheit aufgenommen worden wären. Denn eine Einwohnerinnenversammlung ist vom Charakter her gar nicht themengebunden. Es folgten zunächst zwei Projektvorstellungen laut Pressemitteilung (die komischerweise nicht öffentlich verlinkt ist) von Carolin Breunig-Lutz und Heidrun Brauchle aus dem Stadtplanungsamt. Danach dann die Möglichkeit für Fragen, Anregungen und daraus sich ergebende schriftliche Anfragen einzureichen. Dann die Abstimmung über die Anträge.

Grundton vieler Bürgeräußerungen war, dass man eigentlich gerne lieber mehr als weniger Förde sehen will, dann behutsamer mit bestehenden Ressourcen umgegangen werden soll, die Natur geschont, nicht weitere Klötze gebaut werden sollen. Diese Meinungen standen aus meiner Sicht konträr zu dem, was der Rahmenplan vorgab, wenn man die Dokumente genauer gelesen und darüber nachgedacht hat. Daher entschied ich mich spontan dazu auch einen Antrag einzureichen auf Ablehnung des Rahmenplans als solchen und einem Neuanfang unter Berücksichtigung des Feedbacks aus der Einwohnerversammlung. Um es nicht weiter spannend zu machen - war nur ich und ein weiterer Bürger der Meinung, dass das eine gute Idee sei.

Ich hätte vielleicht weiter ausholen sollen, warum ich diesen Antrag stellen wollte. Was ich im Förderahmenplan sehe. Ich werde es hier nachholen:

Zum einen verweise ich auf die bisherige Entwicklung der Stadt Kiel. Von der Förde sehen wir immer weniger. Es geht vor allem zum zwei Ziele: Die Förderung des Tourismus und die Förderung der Wirtschaft. Letzteres führt dazu, dass der Hafen immer weiter ausgebaut wurde. Immer mehr und immer größere Kreuzfahrschiffe. Mehr Fahrgäste, mehr Touristen.

Da muss man sich mal den Kernsatz des Förderahmenplans, den man auf Seite 1 findet, mal genau anschauen:

Daher ist es sinnvoll, die Zielrichtungen und Zukunftsprojekte im Rahmen einer integrierten Gesamtplanung gemeinsam abzustimmen, zu entwickeln und umzusetzen. Gemeinsames Ziel ist es, interkommunale Synergien zu erkennen, offen zu legen und mit mittel- bis langfristigen Entwicklungsprozessen in Einklang zu bringen. Nur so erscheint es aussichtsreich, sich im zunehmenden, überregionalen Wettbewerb der Ostseeregionen besser positionieren zu können.

 

Das bedeutet, dass die Kernausrichtung des hier vorliegenden Rahmenplans bedeutet, dass letztlich alle heutigen und zukünftigen Maßnahmen sich dem strategischen Ziel der besseren Marktpositionierung unterordnen müssen. Auf strategische Ziele ist man in Kiel besonders stolz. Moderne Stadt und moderne Verwaltung wird so verstanden, dass man sich langfristige Ziele setzt, die letztlich aber auch nur dem Wettbewerb untergeordnet werden. Jede investive Maßnahme soll gegenfinanziert sein. mit dem Kernsatz in dem Rahmenplan ist eigentlich bereits das letzte Wort gesprochen über die grobe Ausrichtung und auch der Rahmen gesteckt für Anträge von Einwohnern. Wirklich etwas ändern könnte man nur, wenn man den Rahmen neu steckt. Wenn z.B. so etwas wie der Erhalt bestehender Ressourcen oder der Zugang zur Förde zu den Kernzielen zählen würden.

Aber an dem Förderahmenplan dürfen wir Bürger gar nicht mitschreiben. Wir könnten aber. Die Ablehnung des Förderahmenplans war daher natürlich der radikalst mögliche Antrag - aber nur konsequent. Denn dieses Papier baut ein Rahmen für eine Entwicklung, die keinen Widerspruch duldet. Die ganzen bewundernswerten Vorschläge der Bürger - einige von ihnen werden als Antrag an die Ratsversammlung weitergereicht: Sie werden am Maßstab des Rahmenplans gemessen. Der ein oder andere Vorschlag wird sicher berücksichtigt. Insofern waren sie nicht total umsonst. Aber was ich auf der Einwohnerversammlung sagte meinte ich schon ernst: Der Grundtenor der meisten Einwohnerbeiträge wendeten sich gegen den Geist des Rahmenplans. Eben gegen eine Unterordnung von allem Erhaltenswerten unter den Wettbewerb. Es war für mich daher um so tragischer, aber nichtsdestotrotz verständlich, dass keine Einwohnerinnen sich für meinen Vorschlag erwärmen konnten. Dazu bedarf es ja auch einer gewissen positiven Enttäuschung. Der Einsicht, dass wir mit kleinen Verbesserungsvorschlägen nicht wirklich etwas mitgestalten können.

OB Albig machte von vorne herein klar wo er die Denkverbote setzt: Er sagte das er erwarten würde, dass man wissen wolle, “wie etwas geht. Man suche nicht primär nach Antworten wie etwas nicht geht, oder warum etwas nicht geht. Sondern wie etwas geht. Wie wir stärker werden. Wie etwas nicht geht, wissen wir bereits sehr gut. Dafür brauchen wir gar nicht so viel Hilfe. Wir brauchen Hilfe dabei wie etwas geht.” und beschwor den gemeinsamen Ansatz. Damit wurde klar: Kritik oder Nein ist nicht gewollt und wird sogar auch nicht akzeptiert als Beitrag oder Einwohnermeinung.

Die Devise heisst also Konstruktive Kritik sehr gerne, weil dass auch Kosten senkt und gröbste Fehler vermeidet. Aber bloß nicht glauben, dass man schlauer ist als die Verwaltung, der (Ober)Bürgermeister oder die Ratsversammlung. Also soll Kritik nicht mehr als ein Verbesserungsvorschlag sein.

Im Rahmen einer Einwohnerinnenversammlung ist das allerdings m.E. unangemessen. Denn es werden Anträge an die Ratsversammlung formuliert, die bei Zustimmung direkt umgesetzt werden. Den Einwohnern als Gruppe werden damit Antragsrechte eingeräumt. Damit sind sie zeitlich begrenzt fast auf Augenhöhe mit Ratsmitgliedern.

Herr Dr. Volker Zahn betonte, dass die Verwaltung besser planen kann. Und wie man mir zutrug hätte er während ich nicht im Raum war auch gesagt, dass es keinen Rahmenplan gäbe und ich das falsch verstanden hätte. Ich habe aber sehr gut verstanden. Der Plan ist nicht fertig, aber die Leitlinie stehen fest. So wie es konstruiert wird, werden so die Bürger zu kostenlosen Helfern für die Planer. Wirklich offen ist der Prozeß aber nicht. Dabei würde es insbesondere bei den Leitlinien Sinn machen, die Bürger zu fragen. Auch wenn man immer betont, dass es ja angeblich unsere Stadt ist.

“Gemeinsam” bedeutet in dem Zusammenhang aber offenbar für viele Stadtplaner, dass sie den Bürgern Fragen und Aufgaben stellen.

Die Veranstaltung hat bei mir keine Begeisterung für Kommunalpolitik geweckt im Kietzerschen Sinne. Es wurde eine kleine Tür geöffnet der Mitbestimmung. Hätten die Kieler sich auf die Veranstaltung frühzeitiger vorbereiten können, hätten sie sich auch besser einbringen können.

Einiges habe ich heute auch gelernt. Bei dem Förderahmenplan geht es auch und insbesondere darum Projekte und Fördermittel zwischen den Gemeinden zu koordinieren. Es wurde gesagt, dass es ein Trend ist, dass sich vielerorts Städte mit ihren Umlandgemeinden zu neuen “Regiopol Regionen” wie in  Rostock zusammenschließen, um sich für den Wettbewerb zu stärken (ihr merkt auch hier wieder: das selbe Muster!).

Auffällig finde ich dabei, dass man das Konzept für das Umland - mit einem geplanten Verzicht auf Konkurrenz absolut gegenteilig formuliert als das Konzept im Umgang mit Nachbarstädten in der Ostseeregion. Hier stellt sich für mich aber die dringende Frage, warum wir denn unbedingt einen Wettbewerb mit Rostock starten müssen? Wettbewerb ist teuer. Wettbewerb bedeutet viele teure Prospekte, viele Projekte, die angestoßen werden und sich im Wettbewerb als nicht ausreichend erweisen. Man erinnere sich nur an den Rüstungswettlauf der beiden Supermächte.

Man will aus Städten eben marktwirtschaftliche Unternehmen machen. Die sollen sich also genau so der Marktlogik unterwerfen wie jedes normale Unternehmen oder jedeR Beschäftigte.

Ich sage aber mal ganz ketzerisch, dass sich die Städte einen ruinösen Wettbewerb, einen Ausverkauf, nicht leisten können. Das sind Konzepte, die Beratungsfirmen aus dem Hut zaubern. Es gilt als modern. Doch genau diese marktwirtschaftliche Ausrichtung hat zu der Krise geführt, die eigentlich immer noch nicht vorbei ist. Wo der Staat eingreifen musste um die Wirtschaft zu retten. Die Wirtschaft die angeblich ja immer besser das steht mit dem Konkurrenz-Modell.

Aber genug für heute. Bin gespannt, was da so weitergeht. Ich werde versuchen den Weg der Anträge weiterzuverfolgen durch Ratsversammlung und Ausschüsse. Hier wird sich dann zeigen wie viel vom Bürgerwillen umgesetzt wird. Insbesondere aber auch der Geist der letzten Einwohnerversammlung.

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