Gutachter wirbt für Möbel Kraft-Ansiedlung
Bürgerentscheid, Kleingärten, Möbel Kraft
Helge Hildebrandt (sozialberatung-kiel.de) wies mich in (einem Kommentar) darauf hin, dass der Gutachter (“Detlef Hammerich”), der für die Stadt Kiel das artenschutzrechtliche Gutachten zur Ansiedlung erstellt hat, identisch ist mit einer Person, die für die Möbel Kraft-Ansiedlung wirbt.
Auf Anfrage teilte Herr Hammerich mir mit, dass er kein Geld von Möbel Kraft erhalten habe, und dass er damit zum Ausdruck bringen möchte,
“dass wir dafür Sorge tragen werden, dass alle arten- und naturschutzrechtlichen Anforderungen, die sich aus der Möbel-Kraft-Planung ergeben, auch nach bestem Wissen erfüllt werden.”
Im Fazit des Gutachten städtbauliche und räumliche Analyse zum Ansiedlungsvorhaben Möbel Kraft(PDF) steht aber auch:
Aus landschaftsplanerischer Sicht stellt der Untersuchungsraum eine wichtige Schnittstelle zwischen dem vorstädtischen Landschaftsraum und den innerstädtischen Bereichen der Stadt Kiel dar. Eine wichtige Hauptwegeverbindung des Freiraumverbundes verläuft über die Fläche.
Durch den Verlust von Kleingärten ergeben sich Auswirkungen auf die Naherholung und den Biotopverbund.
aber
Sofern jedoch gewisse städtebauliche, freiraumplanerische und gestalterische Vorgaben bei der Planung des Vorhabens beachtet werden, kann sich das Vorhaben verträglich in den Stadt- und Landschaftsraum einfügen.
Zuvor steht dort auch:
“Im Zuge der Umsetzung des Vorhabens Möbelmarktzentrum wird es zu einem Verlust von Grünflächen und Vegetationsbeständen sowie zu einer erheblichen Zunahme des Versiegelungsgrades im Plangebiet kommen.”
Man muss denke ich zwei Aspekte bedenken:
- Jedes Bauprojekt bedeutet einen Eingriff in die Umwelt. Es gibt keine Neubauten ohne Auswirkungen. Wenn man diese gänzlich ausschließen möchte, dürfte man nichts mehr bauen
- Aber: Nicht jedes Bauvorhaben führt zu einer “erheblichen Zunahme des Versiegelungsgrades”, oder befinden sich auf einer “wichtigen Schnittstelle”.
Und wie man so schön sagt “Ja, wenn das Wörtchen ”Wenn” nicht wär’, wer ich heut schon Millionär”:
http://www.youtube.com/watch?v=MxDxmuAa6FM
Stadtpolitik orientiert sich selten an sicheren Fakten. Es gibt Planungen und es gibt Ziele und Zielvorgaben. Dazwischen liegt dann die Umsetzung und am Ende das Ergebnis. Man sieht Potentiale. Und es gibt, wie im Falle von Möbel Kraft, Versprechungen seitens der Investoren.
Das ist das Beste was Politiker haben: Versprechungen und Potentiale. Sicher ist nichts. Man macht dann einfach mal und wägt vorher ab, was die Auswirkungen sein werden. Wie ich schon einmal beschrieben habe, gibt es da deswegen zwischen Befürworten und Gegnern des Projekts eine große Asynchronität bei der Argumentation. Die befürwortenden Politiker wissen um all die Fakten. Sie wissen, dass dort eine wichtige Schnittstelle liegt, sie wissen um die Auswirkungen, z.B. über die erhebliche Zunahme der Versiegelung.
Eine Wiederholung der Fakten oder deren Ergänzung diese Politiker auch nicht umstimmen. Denn für sie sind die Chancen der Ansiedlung als gewichtiger als die negativen Folgen für die Umwelt oder auch die der möglichen Folgen oder die Risiken, dass sie erwünschten Wirkungen ausbleiben. Man riskiert ganz bewusst, dass keine Arbeitsplätze geschaffen werden, keine Gewerbesteuereinnahmen kommen, anderen Betriebe leiden,… denn die Belohnung für eine erfolgreiche Ansiedlung scheinen zu attraktiv. Und niemand möchte als investorenfeindlich wirken.
Das ist das Absurde an der öffentlichen Debatte: Es scheint so, als dass es keinen Kompromiss gibt. Und das liegt aber auch daran, dass es von vorne herein keinen öffentlichen Lösungsfindungsprozess gegeben hat. Es gab keine offene Fragestellung. Und seitens der Politik gibt es eine weit verbreitete Ansicht, dass Kleingärten lediglich einen Steinbruch für weitere Bauprojekte darstellen.
In vielen Ballungsgebieten erleben Kleingärten eine Renaissance. Kiel spricht auch gerne von der “wachsenden Stadt”. Aber was, wenn immer mehr junge Leute Kleingärten wollen? Wie passt der wachsende Bedarf an Kleingärten in Zukunft dann mit einer großzügigen Vernichtung zusammen? Zudem: Wenn diese Gartengebiete zu den zweitältesten im Bundesgebiet gehörten, als sog. Armengärten, dann ist es schon ein beachtlicher Schritt, diese einfach “plattzumachen”. Man sollte auch nicht außer acht lassen, dass es in Zukunft Zeiten geben mag, wo Kleingärten tatsächlich wieder als unverzichtbare Ressource für Arme dienen könnten, wenn z.B. der Staat gar keine Unterstützung mehr zahlt. Und was ein mal plattgemacht ist, ist unwiederbringlich verloren. Nicht zuletzt dauert es auch Jahrzehnte bis Obstbäume ertragreich sind.
Im grünordnerischen Fachbeitrag steht, dass alleine 332 geschützte Obst-Laub und Nadelbäume (S.51) verloren gehen. Das ist unter anderem auch für Stadtbienen ein großer Verlust. Statt Bienen-Apps fürs Handy zu bewerben, hätten sich die GRÜNEN ganz praktisch für den Erhalt von Grün einsetzen können. Und man braucht auch keinen Kommunalen Aktionsplan gegen das Bienensterben! Die Politik widerspricht, wie so oft, in ihrem Tun den eigenen Zielen.
Deswegen plädiere ich dafür JA zum Erhalt des GRÜNS zu stimmen.Und daher JA ankreuzen beim Bürgerentscheid!
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