Wochenrückblick KW33 (Kooperationsvertrag, Alfons-Jonas-Platz)

Wochenrückblick
Autor:in

Thilo Pfennig

Veröffentlichungsdatum

20. August 2023

Schlüsselwörter

RVKIel, Kooperationsvertrag, Mobilitätswende, Mobilltätswende

Kooperationsvertrag

Wochenrückblick der 33. Kalenderwoche 2023, ab Montag, den 14. August. Hier arbeite ich Themen der vergangenen Woche auf.

Kooperationsvertrag zu Mobilitätswende

Anfang letzte Woche lag ein Entwurf zum Kooperationsvertrag zwischen GRÜNEN und der SPD auf 48 Seiten vor (lokal rede man eher von Kooperation und nicht Koalition, es sind alles Ehrenamtler*innen). Ich werde mich hier auf einige Details zur Mobilitätswende beschränken. Hier ein Auszug des Inhaltsverzeichnisses:

Mobilitätswende …………………………………………………………………………………………………………….14

Öffentlicher Verkehr und Schiene ……………………………………………………………………….14

Fahrrad ………………………………………………………………………………………………………….16

Zu Fuß unterwegs ……………………………………………………………………………………………17

Auto ………………………………………………………………………………………………………………18

Verkehrspolitik im Dialog …………………………………………………………………………………..19

Für den ÖPNV streben wir eine Verdoppelung des Wegeanteils auf 20%, für den Radverkehr einen Anteil von 35% an.

Wie ich in diesem Block schon oft aufgeführt habe, machen Prozentzahlen beim Modalsplit wenig Sinn, da es mehrere Variablen gibt. So können sich manche Verkehrsträger gegenseitig kannibalisieren. Ein steigender ÖPNV-Anteil senkt zB den Anteil des Radverkehrs, auch wenn dieser in absoluten Zahlen ebenfalls steigt. Ziele machen allso lediglich in absoluten Zahlen Sinn, oder wenn schon Prozente, dann die Senkung oder Steigerung. Also zB 100% mehr ÖPNV-Verkehr auf Basis der Zahlen eines bestimmten Jahres.

Das Stichwort „Barrierefreiheit” fällt noch nciht im allgemeinen Teil.

Mit dem Leitbild der 15-Minuten-Stadt, werden auch Verkehre reduziert,

Ja, ist ein gutes Stichwort. Allerdings müsste man es besser erläutern. Es bedeutet zB auch, dass man Bushaltestellen reduziert/optimiert. Es geht dabei wirklich konkret darum, die Wege zu beschleunigen. ZB eine Abkehr von einer Sternsystem beim Bus zugunsten schnellerer Umstiegzeiten. Dazu muss das ganze dann auch mathematisch kalkuliert werden. Das geht mit der üblichen Verkehrspolitik nicht mehr, bei der jeder seine Haltestelle bekommt. Es würde auch bedeuten, dass die Trennung zwischen KVG für den Betrieb und die Haltestellenbetreuung aufgehoben werden. Ein Fahrplan bleibt aber auch immer ein Kompromiss , bei dem Interessen abgewogen werden.

Dann geht es los mit „Öffentlicher Verkehr und Schiene”. Da muss ich sagen hätte ich mir eine andere Reihenfolge gewünscht. Bei der Mobilitätswende ist m.E. unabdingbar Prioritäten zu setzen. Und die müssten, meine ich, so aussehen:

  1. Barrierfreiheit für Zufußgehende, Menschen mit Verhinderungen, Kinder, Alte, Frauen
  2. ÖPNV
  3. Fahrrad
  4. Auto und Lieferverkehr

Im Kooperationsvertag tauchen Zufußhende aber auch nur an vierter Stelle auf. Hier fehlt mir in Kiel immer noch das Stichwort „Walkability”. Vor einige Jahrzehnten war weltweit noch das Fahrrad das neue Thema, auf die sich alle gestürzt haben. Inzwischen hat man erkannt, dass der Fußverkehr noch viel wichtiger ist und eben „Walkability” auch eben zu Themen wie „gefühlte Sicherheit” ,bzw. „Wohlbefinden”, „Attraktivität” aber auch Angebote der Stadt eine viel höhere und nachhaltiger Bedeutung haben. Das ist in Kiel immer noch das große Stiefkind. Das Fahrrad hat eine große Bedeutung gewonnen und wird immer mitgedacht. Aber wer sich zu Fuß bewegt merkt schnell, dass dabei oft die einfachste Alternative zu kurz kommt. Kinder können nach wie vor meist nicht auf der Straße spielen. Und das wird durch Radfahrende nicht unbedingt besser. Aber es hängt natürlich auch zusammen: In Gaarden zB fahren ALLE mit dem Rad auf dem Fußweg, weil es überhaupt keine Radwege gibt. Ich glaube es ist der einzige Stadtteil ohne einen einzigen Radweg. Und das macht natürlich auch die Fußwege unsicherer. Die Fahrbahnen sind hier alleine auf das Auto optimiert. Wer stört, wird weggehupt.

Wichtig finde ich hierbei auch, dass man nicht die Fehler wiederholt und meint, man könne den Fußverkehr mit „Fußwegeachsen” abhandeln. Nein, bei Fuß ist es noch wichtiger, dass alle Straßen fußgerecht sind und man keine Umwege gehen muss. In Kiel fehlen oft Gehwege oder Ampelübergänge. Und oft sind die Überwege SEHR SCHMAL und erfordern, dass man rechteckig geht - also nicht diagonal und auf der optimalen Linie, sondern so, wie auf dem Reißbrett angedacht. Das führt dazu, dass man, wenn man sich daran hält viele Ampelphasen nicht schafft. Die Ampeln soind ebenfalls für Autos optimiert, so wie es für die halt am bequemsten ist. Zufußgehende müssen sich dagegen oft lediglich zu zweit oder dritt auf einem Überweg drängeln. Selbst für Entgegenkommende ist meist kein Platz. Und das auch dort, wo es keine Ampeln gibt. Links und rechts davon gibt es dann keine Bordsteinabsenkungen.

Diskutiert wurde auch eine „Umlagefinanzierung” für den ÖPNV. Also das Autofahrende díe Kosten für den Busverkehr mit zahlen. Eigentlich nur gerecht, denn ich zahle ja auch täglich für kostenlose Parkplätze. Ein Parkplatz kostet nicht nur bei der Errichtung, sondern muss auch instandgehalten werden. Es gibt dazu verschiedene Schätzungen, aber im Schnitt geht man von c. 300 € pro Jahr aus. dabei nicht mit eingerechnet sind Zufahrtskosten. Diese Kosten werden heutzutage nicht auf die Nutzer*innen umgelegt. Im Gegensatz zum ÖPNV. Ich bin aber skeptisch, ob sich das alleine in Kiel regeln wird. Es gab ja hier mal den Reinfall mit der Getränkesteuer (TAZ Artikel) in Kiel, die dann wieder abgeschafft werden musste.

Bleibt abzuwarten, ob das so beschlossen wird.

Alfons-Jonas-Platz in Kiel-Gaarden

Zunächst hatte die KN getitelt „Parken auf Alfons-Jonas-Platz in Kiel-Gaarden soll nicht verboten werden”, daraus wurde nun „Soll der Alfons-Jonas-Platz in Gaarden autofrei werden?

Studierende am Institut für Bauwesen der FH Kiel haben sich den Platz angeschaut und wollen lieber keine Parkplätze abbauen:

Ein Argument für dieses sanfte Herangehen hat mit der Betrachtung der Wirklichkeit zu tun. In einer Befragung haben die angehenden Baufachleute ermittelt, dass immerhin 32 von 73 Besuchern der Elisabethstraße nicht aus Gaarden-Ost kamen und insofern Bedarf an Parkplätzen nicht von der Hand zu weisen ist.

Der größte Irrtum ist hier, dass “nicht aus Gaarden” identisch ist mit “mit dem Auto hier”.

Nur rund 10% der Gaardener¸*innen besitzen ein Auto. Daher ist hier das Auto weniger essentiell als irgendeinem anderen Stadtteil. In dem Artikel wird ja der Alfons-Jonas Platz als Einkaufsmeile gelobt. Allerdinmgs gilt das auch für den Vinetaplatz und die Elisabethstraße, die weitaus weniger Parkplätze haben.

Es gibt dort geschätzte 90 Parkplätze . Am Vinetzaplatz eher 11. In den letzten Jahren wurden aus Kneipen- und Supermarktflächen Caféflächen. Die Gehwege sind breit, aber die Übergänge von drei Reihen parkender Autos durchschnitten. Der Vinetaplatz hat genau so viele Supermärkte wie de Anlfons-Jonas-Platz, obgleich er nur rund 1/10 der Parkplätze bietet. Vielleicht ist er damit sogar attraktiver? Insbesondere für die Cafés wäre es natürlich schöner, wenn der ständige Verkehr abnehmen würde und die Ausstrahlung ruhiger würde. Sehr kompetent scheint mir die Begutachtung jedenfalls nicht

Aber das erscheint typisch für heutige Bauingenieurswesen: Immer aus Sicht des Autos planen! Es fehlt vollkommen die Sicht der Mehrheit, die hier zu Fuß unterwegs sind. Es ist bekannt, dass bei weniger Autos, mehr Menschen einkaufen, insbesondere wenn das Fahrverbot für Fahrräder dort aufgehoben würde. Wer dort mit dem Fahrrad fährt ist lebensmüde.

„Sehr reger Verkehr” herrscht nach Ansicht von Studentin Miriam Krause-Traudes allemal am Alfons-Jonas-Platz. Allerdings spricht sie sich schon wegen der Stadtbahn, die in einigen Jahren genau dort entlang fahren soll, gegen aufwendige bauliche Veränderungen aus.

Nun, ob und wann die Stadtbahn kommt, steht nach wie vor in den Sternen. 2030 halt ich für unrealistisch. Wenn überhaupt dann 2040-2045. Aber solange der erste Spatenstich nicht passiert ist, sollte man nicht schon wieder (wie die letzten Jahrzehnte mit Ausblick auf die Stadtregionalbahn) alle möglichen Verbesserungen auf die lage Bank schieben.

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