Abendparken auf Supermarktparkplätzen

Autor:in

Thilo Pfennig

Veröffentlichungsdatum

15. Februar 2024

Mums car park, Quelle https://www.flickr.com/photos/88123769@N02/11476789204

Irgendein Parkplatz (Lizenz: gemeinfrei)

Die Aufregung scheint groß in Kiel-Wellsee, im Artikel „Parknot in Wellsee wächst: Kieler Supermarkt schließt Parkplatz für Nicht-Kunden“ schreibt die KN heute:

Seit rund acht Jahren durften Gäste des Sportvereins Fortuna Wellsee den Parkplatz des Penny-Markts in Kiel-Wellsee an der Segeberger Landstraße mitnutzen, da es rund herum nur wenig Parkmöglichkeiten gibt. Damit ist jetzt Schluss.

Bisher sei Rewe der einzige Lebensmittelhändler, der grundsätzlich Interesse an dem Angebot gezeigt habe, berichtet Stadtsprecher Arne Ivers. In Hamburg habe der Konzern gute Erfahrungen mit dem Konzept gesammelt. Die Stadt Kiel will am Ball bleiben und plant darüber hinaus weitere Gespräche mit anderen Supermarktbetreibern.

Grund für die neuen Einschränkungen in Kiel-Wellsee sind Besitzer von Wohnmobilen und Nutzer von Firmenfahrzeugen, die dazu übergegangen sind, ihre Fahrzeuge auf dem Supermarkt-Parkplatz dauerzuparken.

Es gibt offenbar immer noch ein großes Missverständnis darüber, wie denn das entsteht, was gerne lustig als „Parkdruck“ bezeichnet wird. Für mich klingt der Begriff immer eher nach „Harndrang“. Und das Bild von einem einzelnen Autofahrer kommt in den Kopf, der verzweifelt und dringend einen Parkplatz sucht.

Gehen wir gleich weiter zum passenden Kommentar vom Lokalchef Dennis Betzholz „Supermarkt-Parkplatz für Anwohner in Kiel: Eine gute Idee droht zu scheitern

Auch politische Entscheidungen trugen dazu bei: Neue Poller, mehr Fahrradstellplätze und das Durchsetzen des Verbots für das Gehwegparken lassen Anwohner mancherorts bei der Suche nach einem Parkplatz verzweifeln.

Die letzte Hoffnung bleibt der technologische Fortschritt. Es gibt bereits Start-ups, die sich auf das Management und das Abschleppen auf privaten Parkflächen spezialisiert haben, und die denen, die ihre Flächen zur Verfügung stellen, das Ahnden leichter machen. Klappt das nicht, ist die Idee – so bitter es wäre – tot.

Jede:r Autofahrende denkt ja irgendwie er:sie sei Experte:Expertin fürs Parken, alleine durch den Autobesitz und weil man „Parkdruck“ am eigenen Leibe erfahren hat.

Aber ist es wirklich so eine gute Idee?

  1. Nicht der Parkplatzmangel ist das Problem, sondern die Anzahl an zugelassenen Autos!
  2. Supermärkte haben immer später auf. Ein REWE in Kiel zB 7-23 Uhr. D.h. die Parkdauer wäre dort vielleicht 23.30-6.30 (7 Stunden)?
  3. Die Anzahl der Parkplätze ist gerade in zentralen Bereichen begrenzt. ZB hat der REWE in der Weißenburgstraße maximal 30 Parkplätze.
  4. Darauf konzeptuell zu setzen als wesentlicher Beitrag lenkt von der Problemlösung ab, sondern bringt nur maximal kurzfristig und punktuell eine Erleichterung.
  5. Es gab zu dem Parkraumkonzept der Stadt von Anfang an keine ZUSAGEN von Supermärkten und somit stand dieser Teil des Konzeptes schon immer auf wackligen Füßen

Problematisch ist, was die Kieler Nachrichten schreibt schon lange, aber insbesondere der Kern:

Nein, nur die immer steigende Zahl der Autos - und zwar nicht erst seit 20 Jahren, sondern seit den frühen 50er Jahren, also seit mehr als 70 Jahren!!!

Dazu gehört auch die Autopolitik:

  1. Schaffen von Anreizen beim Autokauf und steuerliche Vorteile

  2. Mangelhafter Ausbau des ÖPNV

  3. Schaffen von Parkplätzen ÜBERALL, wie zB dem Wilhelmplatz oder Exerzierplatz, Innenstadtparkhäuser

  4. Das Dulden von Falschparken

  5. Unattraktive Fuß- und Radwege

  6. Die Preissteigerungen beim ÖPNV weit höher als beim Auto

  7. Hohe Geschwindigkeiten für Autos in der Stadt, zB auch bei Bundesstraßen/Stadtautobahnen bei >= 100 km/h (dadurch Zeitvorteile)

  8. Hohes Risiko der Verletzung bei Nutzung von Rad und Fuß

  9. Zu geringe Gebühren für das Parken. Warum sollte jemand umsteigen?

Die Stadt Kiel hat sich über Jahrzehnte primär und bis heute darum bemührt, dass es vor allem für Autofahrende attraktiv ist nach Kiel reinzufahren. Wie zB mit dem Konzept “Parken Plus”, dass alleine schon durch den Namen signalisiert BITTE KOMMT BEVORZUGT MIT DEM AUTO!!

Die Parksituation ist also seit Jahrzehnten selbst gemacht. Und es waren auch rationale Entscheidungen der Autofahrenden, weiterhin auf ihr Gefährt zu setzen. Dazu gibts natürlich auch ein paar irrationale Faktoren. Man kann vielen mehrfach vorrechnen, dass der Vorteil des Autos nicht groß ist und sie nicht darauf angewiesen sind. Es gibt da auch eine emotionale Bindung.

Seitens der Stadt gibt es vorsichtige Ansätze das Denken zu ändern. Und sie sagen auch inzwischen ganz klar, dass die Ursache die Menge an Autos ist.

Dennoch sucht man die Lösung noch primär in einem besseren Parkmanagement. ZB in dem man durch elektronische Hilfsmittel kommuniziert, wo es noch freie Parkplätze gibt. Das ist auch nicht billig. Und es erhöht im besten Fall die Auslastung, wird aber nicht dazu führen, dass irgendwer darum sein Auto abschafft oder zuhause stehen lässt.

Man muss sich da die Zahlen konkret anschauen, was überhaupt an zusätzlichen Parkplätzen zur Verfügung steht.

Und dann mal praktisch:

Sagen wir dann dem Autofahrer: naja, kannst ja noch ein wenig in der Gegend rumfahren?

Und wenn die Leute ihr Auto nicht rechtzeitig wegfahren, muss sich REWE um das Entfernen kümmern, JEDEN TAG.

Konkret durchgedacht wird schnell deutlich, dass diese Lösung nur für wenige Autofahrende etwas sein können. Tagsüber schon gar nicht. Also für die, die in einem Quartier arbeiten und dort ihr Auto abstellen wollen.

Man sagt ja ein Auto braucht 3 Parkplätze:

  1. Zuhause bei Wohnen

  2. Bei der Arbeit

  3. Beim Einkaufen

Und dann eben das Problem, dass die Supermärkte meistens nicht sehr begeistert sind sich auf den Stress einzulassen.

Fazit: Diese Ideen sind wieder neu noch besonders erfolgsversprechend.

Zurück nach oben