Am 17. Oktober wurde der neue Haushalt der Stadt Kiel verabschiedet, der deutliche Mehrausgaben vorsieht, jedoch die kulturellen Belange von Gaarden nicht ausreichend berücksichtigt. Mit Mehrausgaben von 79 Millionen Euro (letztes Jahr 56 Millionen Euro). Gesamtausgaben liegen bei 1,47 Mrd. Euro. KN dazu im Juli 2024:
Durch Rekord-Steuereinnahmen aus dem Jahr 2023 wird die Stadt Kiel im kommunalen Finanzausgleich rechnerisch so gut gestellt, dass ihr 2025 rund 30 Millionen Euro weniger überwiesen werden. „Wir haben aber keine Optionen mehr, diese Summe noch zu kompensieren“, so (Anm. Red.: Stadtkämmerer) Zierau.
Als Mitglied der Kulturinitiative Gaarden habe ich mich für den Erhalt der Kulturförderung eingesetzt. Die Stadt argumentierte, dass Gaarden nicht mehr Kulturförderung erhalten sollte als andere Stadtteile.
Da gab es einige Dialoge mit der Politik und einen Antrag, den neun Gaardener Kulturinstitutionen unterstützt wurde, und im Oktober im Ortsbeirat Gaarden beschlossen wurde.
Hier die wichtigsten Reden der letzten Ratsversammlung vom Oktober 2024 als Texte:
Was gibt die Stadt Kiel für Kultur aus? Als Basis nehme ich zunächst den Haushalt 2024, da es für 2025 noch keine fertigen Zahlen gibt:
Theater Kiel 20 Mio Euro (ca. 200.000 Besucher*innen)
Förderung Freier Theater 300.000 Euro
Musikschulen 1,2 Mio Euro
Büchereien 5 Mio Euro
Freischaffende Kunst 40.000 Euro
Interventionistische Kunst 50.000 Euro
Stadtgalerie 1 Mio Euro (ca. 20 tausend Besucher*innen)
Kreativzentren 660.000 Euro (nur das Kleinste, die Kreativwerft ist in Gaarden, geht aber primär in Förderung von Coworkingspace für Studierende)
Und aus anderen Mitteln:
- Sanierung der Kunsthalle: 20 Mio Euro (Bundesgelder) vorher 30 Mio Euro Landesmittel (ca. 20 tausend Besucher*innen)
In Gaarden standen zur Debatte Kürzungen von zwei Töpfen in Höhe von 45.000 Euro jährlich)
Kultur- und Kreativrat (-20.000 Euro)
Interventionistische Kunst nur noch alle zwei Jahre (-25.000)
In Gaarden wohnen ca. 21 tausend Menschen. Bei rd 250.000 Einwohner*innen sind das rund 8,5% der Kieler Bevölkerung. Das bedeutet, dass 8,5 % der Kieler Bevölkerung in Gaarden leben, aber nur 0,2 % der städtischen Kulturfördermittel hierhin fließen.“
Ich sage jetzt mal so: Während auf dem Westufer in den letzten 10 Jahren sicher ca. 500 Mio Euro in die Kultur geflossen sind, waren es in dem selbs Zeitraum vielleicht 1 Milionen nach Gaarden.
Also ca. 0,2 % der Kulturmittel für 8,5% der Bevölkerung!
Da kann man sicher einiges abziehen oder hinzuzählen. Aber das erscheint mir eine realistische Schätzung.
Die meisten der sonstigen Investitionen in Gaarden gingen dabei in das Entwicklungsgebiet Hörn. Während dort die letzten Jahrzehnte weitere hunderte Millionen in Sanierungen, neue Uferbefestigungen, neue Straßen und das neue Quartier (“Hörn”) (früher “Kai-City”) gesteckt wurde.
In Gaarden wurden hingegen die meisten Gehwege und Straßen nicht mehr repariert, auch wenn die Steine wackeln. Das weiß ich, weil ich da an manchen Stellen schon seit fünf Jahren dran bin und nichts passiert. Hier haben die Pflastersteine schon Namen und Charakter.
Dabei ist Gaarden der Stadtteil der seit dem 19. Jahrhundert durch die Werften erst Kiel ermöglicht hat, eine Großstadt zu werden. Und der seit Jahrzehnten der internationale Ankommens-Stadtteil ist, wo Leute sich dann akklimatisieren.
Viele ziehen dann aber weg, weil es ihnen zu laut ist, zu dreckig und zu wenig Kultur bietet. Wer es sich leisten kann, zeiht weg. Denn es ist ja quasi ALLES im Westen. In Gaarden gibt es bis heute KEIN soziokulturelles Zentrum, kein Museum, nur die Stadtteilbücherei Gaarden und relativ nahe noch das Werftparktheater (in Ellerbek).
Die Stadtteilbücherei Gaarden sollte 2006 geschlossen werden, bzw. nur noch ehrenamtlich betrieben, das Freibad Katzheide geschlossen. Jetzt wollten sie uns auch noch die paar Kulturmittel klauen, die Gaarden für sich hatte. Und inzwischen bauen sie bei uns auch die Bushaltestellenhäuschen ab. Begründet wurde das damit, dass hier oft auch Drogenabhängige sitzen und vor dem Wetter Schutz suchen. Oder sie wollen aus einem Minigolfplatz einen Parkplatz machen. Und Radwege gibt es hier keinen einzigen!
Also seit Anfang der 2000er und der damaligen Finanzkrise werden im Stadtteil viele Sachen eher ab- als ausgebaut. Und es müssen sich immer wieder Initiativen und Vereine gründen, die sich wehren.
Ich wohne auch seit 2000 in Gaarden und habe da schon viele Entwicklungen mitgemacht. Und auch schon einige Ortsbeiräte und Oberbürgermeister*innen kommen und gehen sehen. Es gibt das Bemühen, es hier besser zu machen. Aber im Wesentlichen werden hier nur Almosen verteilt. Und daher sind viele Projekte oder Gaarden hoch 10 auch nicht wirksam, weil in Kiel ja die letzten Jahrzehnte Milliarden am Stadtteil vorbei investiert wurden und an anderen Orten neue Strukturen geschaffen.
Gaarden braucht gar nicht viel extra, sondern es braucht eine Infrastruktur, wie sie in vielen Stadtteilen ganz normal ist. Also zB so etwas wie ein soziokulturelles Zentrum, oder irgendein langweiliges Museum, um etwas Ablenkung zu bieten. Mit den wenigen Extra-Mitteln, die hier geboten werden kann man den Stadtteil nicht verbessern.
Insofern ist die prekäre Lage hier kein Pech und kein Schicksal, sondern da Ergebnis jahrzehntelanger Fehlplanungen. Damit sind dann auch Ratsleute, Ortsbeiräte oder Stadtmitarbeiter*innen mit Schwerpunkt Gaarden auf verlorenem Posten. Gaarden sollte nicht betteln müssen für eine Gleichbehandlung. Das sollte Sichverselbstständigen sein! E Es ist Zeit, dass die Stadt Kiel aufhört, Gaarden nur mit Almosen abzuspeisen, und endlich die gleichen Chancen und Ressourcen bereitstellt wie für andere Stadtteile.
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