Der ÖPNV in Kiel von 2025 bis 2050

Autor:in

Thilo Pfennig

Schlüsselwörter

ÖPNV, Stadtbahn

Im Januar 2025 setzte sich die Diskussion über die Zukunft der Stadtbahn fort (siehe vorangegangener Artikel), nachdem die CDU den Konsens zur Kieler Stadtbahn aufgekündigt hatte. Dies wurde ausführlich in dem Artikel „Kiels CDU torpediert Stadtbahn-Pläne: Weiter mit Bus statt mit Bahn“ thematisiert:

„Wir lehnen die Stadtbahn nicht ab, aber solange nicht wichtige Fragen geklärt sind, können wir den Planungen nicht mehr zustimmen“, betont hingegen der Kieler CDU-Vorsitzende Tobias von der Heide. Der CDU sei schleierhaft, wie die Stadt das Projekt finanzieren wolle. „Wir stehen schon jetzt unter kommunaler Finanzaufsicht und benötigen in den kommenden Jahren eine Milliarde Euro für den Schulbau“, sagt von der Heide. Woher das Geld für die Wiedereinführung der Tram, die insgesamt auch eine Milliarde kosten würde, dann noch stammen soll, sei völlig unklar.

Betrachten wir die 1 Milliarde Euro als gegebene Größenordnung und projizieren wir diese auf einen Zeitraum bis 2050.

Anschaffungskosten:

Die Betriebskosten für ein Bussystem (einschließlich Neuanschaffungen) schätze ich ab 2035 auf rund 700 Millionen Euro. Beim Tramsystem hingegen fallen diese Kosten erst später an, da die ersten Neuanschaffungen vermutlich erst 2065 anstehen, was bereits in der ersten Milliarde berücksichtigt ist. Die Gesamtkosten für das Bussystem könnten somit etwa 1,5 Milliarden Euro betragen. Das Stadtbahnsystem insgesamt wird bis 2065 bei rund 2,5 Milliarden Euro liegen.

Obwohl die Anschaffungskosten für die Stadtbahn anfänglich höher sind, bietet sie auf lange Sicht Vorteile in Bezug auf die Lebensdauer und die Fahrgastkapazität. In Kiel hätte man beispielsweise 1986 die Straßenbahn mit relativ geringem Aufwand modernisieren können, aber stattdessen wurde alles auf ein teures Bussystem gesetzt. Aufgrund der geringeren Kapazität des Busses benötigt dieses System mehr Fahrzeuge, was häufigere Neuanschaffungen bedeutet. Auch die Betriebskosten eines Bussystems sind aufgrund der höheren Anzahl an Fahrzeugen und Fahrern deutlich höher als bei der Stadtbahn.

In einer finanziellen Betrachtung ist der Betrieb eines reinen Bussystems mehr als doppelt so teuer wie der Betrieb eines Systems mit Stadtbahn. Zwar wird die Stadt anfangs durch Subventionen von Stadt und Land unterstützt, doch im weiteren Verlauf sind die Betriebskosten höher, und die Unterstützung nimmt ab. Ein wesentlicher Punkt, den es zu berücksichtigen gilt, ist, dass der größte Teil der Nettokosten nicht direkt in Kiel verbleibt. Auch wenn Bundesmittel für den ÖPNV bereitgestellt werden, fließt ein Teil dieser Mittel über Umwege in die Finanzierung.

Reden wir jedoch über Bundesstraßen und Autobahnen, gibt es im Gegensatz zum ÖPNV keine Einnahmen, solange keine City-Maut erhoben wird. Es ist daher erstaunlich, dass die CDU die Kosten als Argument gegen die Stadtbahn anführt. Denn neben den Ausgaben für die Stadtbahn stehen am Ende des Tages immer auch Einnahmen gegenüber.

Es bleibt der Eindruck, dass die CDU dem ÖPNV grundsätzlich viel kritischer gegenübersteht, während sie bei Autobahnen scheinbar keine Bedenken hinsichtlich hoher Kosten hat.

Während die CDU bei der A21 es dringend für notwendig hält, dass es keine „weiteren“ Verzögerungen gibt (die Verzögerung lag jedoch bei der DEGES, nicht bei der Stadt Kiel), setzt sie bei der Stadtbahn bewusst auf Verzögerung:

„solange nicht wichtige Fragen geklärt sind, können wir den Planungen nicht mehr zustimmen“

Vergessen wir dabei nicht: Noch vor Kurzem galt die Südspange Gaarden als absolut alternativlos. Nun ist sie vom Tisch. Die Landesregierung hat dabei viele neue Fragen aufgeworfen, zum Beispiel, warum sie keine Finanzierung einer Bundesstraße befürwortet, was der Landeshauptstadt den Anschluss an die A21 teurer machen würde – selbst wenn die Kosten nicht bei der Landesregierung liegen würden. Eine Begründung für diese Haltung wurde bisher nicht geliefert.

Aber die Kieler CDU, offenbar primär die Alt-Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz und der Chef von Daniel Günters Staatskanzlei Dirk Schrödter:

Christdemokraten in leidenschaftlicher Debatte um die Stadtbahn: Von den Kieler Kreisverbandsmitgliedern Dirk Schrödter (rechts, Chef der Staatskanzlei) und Angelika Volquartz (Ex-Oberbürgermeisterin) ging die Initiative aus, künftigen Entscheidungen zu dem Mega-Projekt in der Ratsversammlung nicht zuzustimmen. Quelle: Ulf Dahl

Warum sich Volquartz mit 78 und als Ex-OB noch so intensiv in die Diskussion einbringt, ist schon bedenklich. Sie hatte ihre Amtszeit, wurde abgewählt, weil die Kieler*innen mit ihrer Politik unzufrieden waren. Danach kamen Torsten Albig, Susanne Gaschke und Ulf Kämpfer. Jetzt, 2025, will sie ihre CDU zwingen, den Rückwärtsgang einzulegen? Und soll Herr Schrödter der nächste OB-Kandidat werden, den sie aufbaut, um gemeinsam gegen die Stadtbahn zu kämpfen?

Es fiel auch anderen auf, dass Herr Schrödter wohl eng mit dem Letter of Intent beschäftigt war, also der Initiative der Landesregierung zur Förderung der Stadtbahn in Kiel. Ist er also Mitautor sowohl der Befürwortung als auch der Gegnerschaft zur Stadtbahn? Das könnte in der Tat als widersprüchlich erscheinen. Aber solches Verhalten ist in der heutigen Politik leider nicht ungewöhnlich.

Offensichtlich herrscht innerhalb der Kieler CDU auch keine klare Einigkeit über das Thema.

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