Offene Mail an CDU Kiel zur Zukunft des ÖPNV

Autor:in

Thilo Pfennig

Veröffentlichungsdatum

28. März 2025

Schlüsselwörter

Stadtbahn, CDU Kiel, Schienenverkehr, Carsten Rockstein, ÖPNV

Network map of the planned light rail system of Kiel, Germany . This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license.

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Die CDU Kiel lehnt seit einiger Zeit die Stadtbahn als Lösung für Kiel ab. Sie bleibt aber auch die Antwort schuldig, welche Lösung sie sonst präferiert.

Ich habe daher per Mail gefragt und das auch auf Mastodon erwähnt:

In einer E-Mail vom 22.03.2025 fragte ich nach:

zu ihrer Haltung zum ÖPNV fehlt mir aktuell, welchen Weg die CDU denn alternativ zur Stadtbahn gehen möchte?

Ich kenne bisher nur ihr Papier zur Nachhaltigen Mobilität aus 2020 und das Kommunalwahlprogramm 2023, wo sie die Wahl zwischen BRT und Tram betonen, aber auch notieren, dass BRT-Systeme nicht gefördert werden. Sie fordern auch einen leistungsfähigen ÖPNV, aber so wie ich ihre Äußerungen aktuell lese, meinen Sie dass das ganze ohne jegliche Investitionen möglich ist bei der Beibehaltung des aktuellen Bussystems? 2020 hatten sie ja bereits anerkannt, dass das heutige Bussystem an seine Leistungsgrenzen angekommen ist. Ich verstehe Sie so, dass sie heute nicht mehr der Überzeugung sind.

Haben Sie irgend etwas Schriftliches in dem man das Alternativkonzept der CDU Kiel nachlesen kann? Über eine Beantwortung meiner Fragen würde ich mich freuen.

Bisher erhielt ich keine Eingangsbestätigung oder Antwort. Was schon erstaunlich ist, da die Debatte ja gerade aktuell ist.

Die Position der CDU Kiel

Carsten Rockstein

Carsten Rockstein (CDU) (Quelle: CDU Kiel Instagram)

Zuletzt am 21. März äußert sich der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, Ratsherr Carsten Rockstein:

Verantwortung und Mut – das waren die zentralen Begriffe dieser intensiven Debatte. Die CDU-Ratsfraktion sieht es als ihre Pflicht an, im Sinne der Kieler Bürgerinnen und Bürger mit Weitsicht zu handeln und insbesondere die finanziellen Auswirkungen kritisch zu hinterfragen. Vor diesem Hintergrund halten wir die Investition in die Stadtbahn für nicht tragfähig.

Allein für die erste Ausbaustufe, die eine Verbindung von der Universität nach Wellingdorf vorsieht, wären aus städtischen Mitteln Investitionen in Höhe von mindestens 270 Millionen Euro erforderlich.

Eine Mobilitätswende ist zweifellos erforderlich, insbesondere aus Klimaschutzgründen. Wir erkennen die zentrale Rolle des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in diesem Prozess an. Allerdings bedeutet eine zukunftsfähige Verkehrspolitik nicht zwangsläufig die Einführung einer Stadtbahn.

Verantwortung und Mut spielen eine große Rolle. Doch ob es tatsächlich mutig war, die nächste Planungsphase anzustoßen, oder ob die Entscheidung letztlich als übermütig und risikobehaftet bewertet werden muss, wird sich voraussichtlich erst in einem Jahrzehnt oder später zeigen.

Die CDU-Ratsfraktion hat sich dieser Verantwortung gestellt und aus sachlichen Gründen gegen die Fortführung der Planungen gestimmt, so Ratsherr Carsten Rockstein abschließend.

Daraus lässt sich nicht viel ableiten, Auf der Spurensuche hilft uns aber vielleicht das Kommunalwahlprogramm 2023 der Kieler CDU:

Was wir vorhaben:

  • Wir wollen ein leistungsfähigeres Bussystem.
  • Wir wollen eine bessere Pünktlichkeit und eine höhere Taktfrequenz des ÖPNV (auch an Wochenenden und außerhalb der Kernzeiten).
  • Wir wollen mehr Plätze für Menschen mit Einschränkungen sowie Familien mit Kinderwagen.
  • Wir wollen eine bessere Vernetzung der Stadtquartiere durch mehr Querverbindungen für Busse.
  • Wir wollen ein modernes Fahrkartensystem.
  • Veranstaltungsfahrkarten sollen in Eintrittskarten inbegriffen sein.
  • Wir wollen begrünte Bus-Wartehäuschen oder die Wartehäuschen mit PV-Anlagen
  • ausstatten.
  • Wir werden jede Haltestelle mit digitalen ÖPNV-Informationstafeln ausrüsten.

Beschluss der CDU Kiel vom 3.11.2022 PDF

13 Die CDU Kiel begrüßt die Schaffung eines Stadtbahnsystems für Kiel grundsätzlich.
14 Zur besseren Verbindung und Erreichbarkeit unserer Stadtteile, zur Reduzierung der
15 Staus und zur Erreichung der Klimaschutzziele erscheint ein neuer und
16 leistungsfähiger ÖPNV geboten. Das jetzige, bestehende Bussystem kann die
17 zukünftigen Anforderungen nicht gewährleisten
– auch nicht durch seinen Ausbau.
18 Das zeigt die Trassenstudie zum ÖPNV in Kiel sehr deutlich.

Also der CDU Kiel ist offenbar klar, dass ein Halten des Status quo und auch auch eine Modifikation und Ausbau des Bussystems nicht ausreichen wird. 2022 hatte sie die Stadtbahn grundsätzlich noch begrüßt. 2025 sagt sie Nein zur Stadtbahn, nennt aber keine Alternativen.

Politik lebt von Alternativen. Es ist legitim und wichtig, dass auch die Opposition andere Vorstellungen hat und kommuniziert. Aber KEINE Vorstellung ist eben auch KEINE Alternative. Denn das heutige Bussystem ist fehleranfällig, teuer, personalintensiv und nicht mehr ausbaufähig. Wer Fragen stellt und Varianten ablehnt, der muss auch klare Alternativen benennen, die zumindest zum Teil durchgerechnet und schlüssig sind. Ansonsten finde ich es nicht nachvollziehbar einen seit Jahren laufen Prozess zu torpedieren, mit der Gefahr, dass am Ende die Stadt ohne ausreichenden ÖPNV dasteht und wieder ein mal Jahrzehnte vertrödelt.

Meine Hauptkritik an allen Parteien und Stadtregionalbahn und Stadtbahn ist auch, dass man sich schon immer zu viel Zeit gelassen hat. Lediglich bei der Abschaffung der Straßenbahn ging es schnell, ohne das man Alternativen ausreichend geprüft hat. Und das hat Kiel teuer bezahlt.

Wenn wir die nächsten 10 Jahre nehmen kostet ÖPNV Geld, so oder so. Aber die Frage ist: Wie investieren wir Geld und was ist zukunftsweisend und welche Investitionen würden verpuffen und uns nicht weiterbringen. Es geht eben nicht um Stadtbahn Ja oder Nein, sondern darum, wie der ÖPNV 2035 ff. in Kiel aussehen soll? Bisher verweigert sich die CDU Kiel einem echten Dialog. Und es stehen die Oberbürgermeister:innenwahlen bevor, wo es auch wieder um eine Richtungsentscheidung gehen wird.

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