Lex Rex für die Kieler Woche?

Autor:in

Thilo Pfennig

Veröffentlichungsdatum

22. Mai 2010

Die Regattabegleitfahrten sind nicht nur bei den Touristen beliebt. Seit Jahrzehnten laden Firmen gerne Gäste auf ihre Schiffe ein. Darunter auch Amtsträger der Stadt Kiel. Was sich jeder an fünf Fingern abzählen kann ist offenbar für Amtsträger, darunter auch Ratsleute, nicht so klar: Die Fahrten kosten Geld!

Ich hatte bereits 2008 versucht bei der Stadtpräsidentin darauf zu dringen, dass Freikarten für die städtischen Bühnen strenger reguliert werden. Das Stichwort lautet “Ehrenordnung”. Viele Städte haben das bereits. Wie z.B. Hildesheim (auf dieser Seite unterstes PDF-Dokument).

Ich hatte auch den Antikorruptionsbeauftragten des Landes Schleswig-Holstein diesbezüglich angefragt. Dieser hatte diese Frage auch an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Dies sah an dieser Stelle noch keinen Anfangsverdacht. Eventuell wurde das Thema aber in den letzten Jahren akuter.

Eine fehlende Ehrenordnung nützt nicht nur den Vorteilsnehmern, sondern belastet sogar auch die Ratsleute. Denn diese haben in Kiel keinen Maßstab was ok ist und wie sie sich verhalten sollen. Jedes Ratsmitglied muss in Kiel selber abwägen, wo Korruption anfängt.

Die Ratsversammlung und Frau Kietzer sind selber schuld, dass sie sich keine Grenzen gesetzt haben. Offenbar waren die Vorteile zu schön, als dass man sich zurückhalten wollte.

Nun haben sie ein Problem. Denn die Staatsanwaltschaft hat Anklage in mehreren Fällen erhoben. Details dazu findet man online bei der WELT, bei der KN, u.a. - auch die Stadt Kiel war bemüht gleich auf einer eigenen Seite zu kontern.

Seltsam dabei finde ich, dass Generalstaatsanwaltschaft Rex nun die Kontrolle der Verfahren an sich zieht. Fürchtet er selber um seine Einladungen? Zitat:

Gleichzeitig hat der Generalstaatsanwalt angeordnet, dass in Zukunft jede Staatsanwaltschaft in Schleswig-Holstein einer Berichtspflicht unterliegt, wenn Verfahren wegen Regattabegleitfahrten eingeleitet werden.

Warum?

Generalstaatsanwalt Erhard Rex: „Die Kieler Woche ist ein wirtschaftliches, touristisches, politisches und repräsentatives Großereignis, und nach meiner Auffassung wird die übergroße Mehrheit der Amtsträger ausschließlich zu diesen Zwecken eingeladen. Deswegen müssen solche Verfahren mit äußerster Sensibilität behandelt werden. Es mag einzelne Beamte geben, die vielleicht gerade über einen Auftrag an die einladende Firma zu entscheiden haben und bei denen dann der Verdacht einer Vorteilsannahme bestehen kann. Keinesfalls dürfen aber alle Amtsträger bei Regattabegleitfahrten unter Generalverdacht gestellt werden.

Dies lässt nicht gerade Vertrauen entstehen, sondern den Verdacht, dass hier politischer Einfluß auf die Judikative seitens der Exekutive ausgeübt wird. Ist die Staatsanwaltschaft in diesem Falle wirklich unabhängig? Eigentlich hätte alles seinen rechtlichen Gang gehen können, wenn nicht Herr Rex mit seiner persönlichen Meinung zur Wichtigkeit der Kieler Woche ein “Lex Rex” schaffen würde.

Diese Sorgfalt wünscht man sich manchmal im Falle der Abschiebung von einzelnen Familienmitgliedern bei Asylverfahren. Dort aber erlebt man zur Zeit eher beschleunigte Verfahren. Wie George Orwell so schön in der Farm der Tiere schrieb:

„Alle Tiere sind gleich, Aber manche sind gleicher.

Update: 22. Mai 2025: Wedel-Schulauer Tageblatt

Zurück nach oben

Wiederverwendung