Was ist eine Oberbürgermeister:in in Kiel? FAQ

FAQ
Autor:in

Thilo Pfennig

Veröffentlichungsdatum

17. Oktober 2025

Schlüsselwörter

Oberbürgermeisterin, OB, Kiel

Dieses Dokument ist der Versuch Begrifflichkeiten zu klären. Was ist überhaupt ei:ne Oberbürgermeister:in? Und welche Befugnisse hat er:sie in Kiel? Dieses Dokument wird sich noch erweitern und stellt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Geschichte des Bürgermeister:innenamtes

Bürgermeister (eng. Mayor) sind ein Relikt aus einer vordemokratischen Zeit. Der erste dokumentierte Bürgermeister war Henry fitz Ailwin als erster Bürgermeister von London 1189. Die Wikipedia schreibt dazu u.a.:

Seit dem 13. Jahrhundert standen Bürgermeister an der Spitze des Stadtrats, des Organs der Bürgerschaft zur Selbstverwaltung. Im Mittelalter war neben der mittelhochdeutschen Amtsbezeichnung burge(r)meister das noch ältere lateinische magister civium in allgemeinem Gebrauch. Meist waren zwei Bürgermeister vorhanden, oft auch mehrere. Einer hatte den Vorsitz im Stadtrat, und alle vollzogen ursprünglich nur dessen Beschlüsse. Allmählich wuchs ihnen die Aufgabe der gesamten Selbstverwaltung zu. Sie erhielten die Polizeigewalt und oft auch die Gerichtsbarkeit in Bagatellsachen (…).

Seite „Bürgermeister“. (Lizenz ebenfalls CC-BY-SA 4.0)

Der:Die Bürgermeister:in nach Gemeindeordnung in Schleswig-Holstein

Die Gemeindeordnung Schleswig-Holsteins ist Grundlage der Organisationsstruktur der meisten Gemeinden.

Hier aus dem § 2 Selbstverwaltungsaufgaben der Absatz 5. Wichtiges zum:zur Bürgermeister:in fett markiert:

  1. Verstößt eine Maßnahme, die der Entscheidung der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters obliegt, nach Auffassung der Gleichstellungsbeauftragten gegen §§ 3 bis 8, 12, 13, 15 Absatz 1 oder des Gleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 1994 (GVOBl. Schl.-H. S. 562), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 11. Dezember 2014 (GVOBl. Schl.-H. S. 464), Zuständigkeiten und Ressortbezeichnungen ersetzt durch Verordnung vom 16. März 2015 (GVOBl. Schl.-H. S. 96), kann sie schriftlich unter der Darlegung der Gründe binnen zehn Arbeitstagen Widerspruch erheben; in dringenden Fällen kann die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister diese Frist auf fünf Arbeitstage abkürzen. Hält die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister den Widerspruch für begründet, hilft sie oder er ihm ab. Anderenfalls hat sie oder er die Gemeindevertretung, in hauptamtlich verwalteten Gemeinden den Hauptausschuss, zu unterrichten. Die Unterrichtung erfolgt unter Beifügung des Widerspruchs der Gleichstellungsbeauftragten und der Nichtabhilfeentscheidung. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister kann die Maßnahme frühestens zehn Arbeitstage nach erfolgter Unterrichtung ausführen. Dringende Maßnahmen kann die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister sofort ausführen. Die Gründe dafür sind der Gemeindevertretung, in hauptamtlich verwalteten Gemeinden dem Hauptausschuss, mitzuteilen.

§ 36 - Rechte und Pflichten der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters in den Sitzungen der Gemeindevertretung

(1) Die hauptamtliche Bürgermeisterin oder der hauptamtliche Bürgermeister nimmt an den Sitzungen der Gemeindevertretung teil.

(2) Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister ist verpflichtet, der Gemeindevertretung und einzelnen Gemeindevertreterinnen oder -vertretern zu allen Selbstverwaltungsaufgaben sowie zu den Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung Auskunft zu erteilen; sie oder er kann sich hierbei vertreten lassen, wenn nicht eine Fraktion oder ein Drittel der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreterinnen und -vertreter widerspricht. Der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister ist auf Wunsch das Wort zu erteilen. Sie oder er kann zu den Tagesordnungspunkten Anträge stellen.

Relevante Paragraphen der Gemeindeordnung in der Gemeindeordnung (GO) laut Hauptsatzung der Stadt Kiel:

  • § 57 (Wahlgrundsätze, Amtszeit)

  • § 61 (Wahl Rechtsstellung, Abwahl)

  • § 62 (Stellvertretung)

  • § 65 (Aufgaben)

Hier lohnt sich vor allem der Blick auf § 65:

(1) Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister leitet die Verwaltung der Stadt in eigener Zuständigkeit nach den Zielen und Grundsätzen der Stadtvertretung und im Rahmen der von ihr bereitgestellten Mittel.. Sie oder er ist für die sachliche und wirtschaftliche Erledigung der Aufgaben, die Organisation und den Geschäftsgang der Verwaltung sowie für die Geschäfte der laufenden Verwaltung verantwortlich. Sie oder er ist oberste Dienstbehörde und Dienstvorgesetzte oder Dienstvorgesetzter der Beschäftigten der Stadt. Zu ihren oder seinen Aufgaben gehört es insbesondere,

  1. die Gesetze auszuführen,

  2. die Beschlüsse der Stadtvertretung und der Ausschüsse vorzubereiten und auszuführen und über die Ausführung der Beschlüsse dem Hauptausschuss regelmäßig zu berichten,

  3. die Entscheidungen zu treffen, die die Stadtvertretung ihr oder ihm übertragen hat; die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister kann diese Entscheidungen Beschäftigten übertragen, soweit die Stadtvertretung die Übertragung nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat,

  4. im Rahmen des von der Stadtvertretung beschlossenen Stellenplans und der nach § 28 Satz 1 Nr. 12 festgelegten allgemeinen Grundsätze die beamten-, arbeits- und tarifrechtlichen Entscheidungen für alle Beschäftigten der Gemeinde zu treffen. Personalentscheidungen für Inhaberinnen oder Inhaber von Stellen, die der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister oder einer Stadträtin oder einem Stadtrat unmittelbar unterstellt sind und Leitungsaufgaben erfüllen, werden auf Vorschlag der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters von der Stadtvertretung oder vom Hauptausschuss getroffen. Die Zuständigkeit wird durch die Hauptsatzung bestimmt.

  1. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister gliedert die Verwaltung in Sachgebiete und weist den Stadträtinnen und Stadträten Sachgebiete zu. Diese sollen so bemessen sein, dass sie untereinander ausgewogen sind. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister kann daneben auch andere Beschäftigte mit der Wahrnehmung bestimmter Sachgebiete beauftragen oder selbst ein Sachgebiet übernehmen. Die anderen Beschäftigten übertragenen Sachgebiete dürfen hinsichtlich ihrer Gewichtung die Sachgebiete der Stadträtinnen und Stadträte nicht überschreiten.

  2. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister legt ihren oder seinen Vorschlag zur Verwaltungsgliederung und Sachgebietszuweisung an die Stadträtinnen und Stadträte sowie Vorschläge zur Änderung der Verwaltungsgliederung und/oder der Sachgebietszuweisung an die Stadträtinnen und Stadträte der Stadtvertretung vor. Diese kann dem Vorschlag widersprechen. Der Beschluss bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der Stadtvertreterinnen und -vertreter. Widerspricht die Stadtvertretung dem Vorschlag der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters, so hat diese oder dieser der Stadtvertretung einen neuen Vorschlag vorzulegen. Soweit Stadträtinnen oder Stadträte nicht vorhanden sind, gilt § 55 Abs. 2 und 3 entsprechend.

  3. Dringende Maßnahmen, die sofort ausgeführt werden müssen, ordnet die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister für die Stadtvertretung und für die Ausschüsse an. Sie oder er darf diese Befugnis nicht übertragen. Die Gründe für die Eilentscheidung und die Art der Erledigung sind der Stadtvertretung oder dem Ausschuss unverzüglich mitzuteilen. Die Stadtvertretung oder der Ausschuss kann die Eilentscheidung aufheben, soweit nicht bereits Rechte Dritter entstanden sind.

  4. Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister führt die Aufgaben durch, die der Stadt zur Erfüllung nach Weisung übertragen sind. Sie oder er ist dafür der Aufsichtsbehörde verantwortlich. Soweit die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister bei der Durchführung dieser Aufgaben nach Ermessen handeln kann, kann sie oder er sich von den Ausschüssen der Stadtvertretung beraten lassen.

  5. Für die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister gilt § 25 entsprechend.

Hauptsatzung der Stadt Kiel

Die Hauptsatzung der Stadt Kiel definiert u.a. die Organisationsstruktur der Stadt Kiel.

§ 5 Oberbürgermeister*in (§§ 57, 61, 62, 65 GO) Amtsbezeichnung (1) Der*Die Bürgermeister*in führt die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister*in. Amtszeit (2) Die Amtszeit des*der Oberbürgermeister*in beträgt 6 Jahre. Einstufung (3) Der*Die Oberbürgermeister*in wird in die Besoldungsgruppe eingestuft und erhält die Aufwandsentschädigung, die nach den besoldungsrechtlichen Vorschriften höchstens zulässig ist. Stellvertretung (4) Die Ratsversammlung wählt aus dem Kreis der Stadträt*innen für die Dauer der Amtszeit der Gewählten eine erste, zweite und dritte Stellvertretung.

Der:Die Bürgermeister:in ist eine Stadträdtin. Stadträdt:innen führen die Dezernate in Kiel, die oftmals wechselnde Zuständigkeiten haben. 2025 ist zB Renate Treutel Bürgermeister:in

Die Hauptsatzung definiert in § 6 Stadträdt*innen, Absatz 4 Amtsbezeichnung:

  1. Der *Die Stadträt*in, der*die zur ersten Stellvertretung des*der Oberbürgermeister*in gewählt worden ist, führt die Amtsbezeichnung Bürgermeister*in.

Die Bürgermeisterin ist also einerseits Stellvertreterin des Oberbürgermeisters und andererseits Stadträdtin.

Bürgermeister:innen in Kiel (historisch)

Amtszeit Name Ernennung
1702-1720 Asmus Bremer (zeitw. zusammen mit Michael Pauli)
1816- Friedrich Theodor Wiese
1834-1844 Schwen Hans Jensen durch Dän. König
1844 Georg Ludwig Balemann durch Dän. König
-1862 Johann Nikolaus Anton Kirchhoff
1862-1864 Konrad Bargum
1933-1945 Walter Menzel gewaltsam durch NSDAP
1950 Herber Fuchs

Kiels erster Oberbürgermeister

Oberbürgermeister Heinrich Mölling; Abbildung: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek

Oberbürgermeister Heinrich Mölling; Abbildung: Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek

Kiels erster OB war Heinrich Johannes Georg Mölling. Sein Vater Georg Friedrich Mölling war in der Revolution von 1848 aktiv. Nach ihm wurde, ein Jahr nach seinem Tod, 1889 die Möllingstraße benannt. Mölling wurde zunächst 1867 durch die Preußische Regierung zum Bürgermeister von Kiel ernannt. 1875 bekam er den Tiitel Oberbürgermeiste durch Kaiser Wilhelm I. verliehen. Die neue Städteordnung Schleswig-Holstein 1869 definierte dann:

§ 6. Bürgerrecht. Das Bürgerrecht besteht in dem Rechte zur Theilnahme an den Gemeindeahlen, sowie in der Befähigung zur Übernahme unbesoldeter Ämter in der Gemeindeverwaltung und zur Gemeindevertretung.

§ 28. Der Magistrat bildet ein Kollegium und besteht aus dem Bürgermeister (oder Oberbürgermeister), einem Beigeordneten (oder zweiten Bürgermeister), als dessen Stellvertreter und aus mehreren Rathsverwandten (Stadträthen, Rathsherren, Senatoren), über deren Zahl, Titel und etwanige besondere Funktionen (Syndikus, Kämmerer, ec.) für jede Stadt in dem Ortsstatute das Nähere bestimmt wird. Das Amt des Beigeordneten kann von einem Rathsverwandten mit versehen werden. Ein Theil der Stellen der Rathsverwandten, ebenso die Stelle des Beigeordneten, kann nach Festsetzung des Statuts besoldet sein, auch können für unbesoldete Magistratsämter festbestimmte Entschädigungen für Dienstunkosten im Statute ausgesetzt werden.

Mölling stellte sich für das Amt des Bürgermeisters zur Wahl und wurde 1870 für 12 Jahre gewählt wurde, gewann auch die Wiederwahl 1882. Starb aber 1888. Somit betrug seine Dienstzeit 18 Jahre. Während dieser Zeit verdreifachte sich die Einwohner:innenzahl Kiels

Weitere Oberbürgermeister:innen

Amtszeit Name Ernennung
1888-1912 Paul Fuß
1912–1919 Paul Lindemann
1920–1933 Emil Lueken
1933-1945 Walter Behrens gewaltsam durch NSDAP
19451946 Max Emcke (Kommissarisch) durch Alliierte
1946 Otto Tschadek durch Alliierte
1946 Willi Koch durch prov. Stadtvertretung
1946-1954 Andreas Gayck durch prov. Stadtvertretung
1955-1965 Hans Müthling
1965–1980 Günther Bantzer (SPD)
1980–1992 Karl Heinz Luckhardt
1992–1996 Otto Kelling
1996–1997 Karl-Heinz Zimmer
1997–2003 Norbert Gansel (SPD)
2003–2009 Angelika Volquartz (CDU)
2009–2012 Torsten Albig (SPD)
2012–2013 Susanne Gaschke (SPD)
2014-2025 Ulf Kämpfer (SPD)
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