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[1] 2.396
Thilo Pfennig
31. Januar 2023
Bevölkerungsentwicklung, Klassismus
Als Gaardener hat man hier häufiger die Diskussion, wie es eigentlich um Gaarden bestellt ist? Wie geht es dir denn, Gaarden? Zum Anlass nehme ich mir heute ein Gespräch, bei dem jemand meinte
“Hier wird alles schlechter: Müll, Junkie und Gentrifizierung!”
Hoppla? Geht Ab- und Aufwertung gleichzeitig? Ich nehme das mal zum Anlass mir mal die Zahlen anzuschauen der letzten 5-10 Jahre. Die Frage ist: Geht es den Menschen in Gaarden heute besser oder schlechter als vor 10 Jahren, bzw. wie hat sich ggf. das Verhältnis zu Gesamtkiel verändert? Dazu sollte man das inflationsbereinigte Einkommen nehmen, ggf. auch die Quote der Transferleistungen, wirtschaftliche Zahlen, ggf. Schulden, Obdachlosigkeit was man halt so finden kann.
Als Gaarden bezeichne ich mal “Gaarden-Ost”
Ich werde den Bericht ggf. noch etwas anreichern. Zunächst ein mal die Quellen:
Sozialbericht 2022 (PDF) von 2023
Bevölkerungsprognose für Kiel und die Stadtteile (PDF) von 2011
Mehr: Kieler Zahlen
Macht eine Bevölkerungswachstum in 7 Jahren von:
Prozentual ist das eine Steigerung von:
Gaarden ist der Stadtteil mit der nach wie vor höchsten Zuwanderung in Kiel (laut Sozialbericht 2022):
Gleichzeitig ist er 17,7 Jahren im Schnitt der Einwohner:innen auch der “jüngste Stadtteil”.
In Gaarden ist die Erwerbsquote mit mit 45,0 zwar am geringsten, aber auch hier in den letzten Jahren gestiegen. Die geringe Quote liegt sicher auch daran, dass man auch nach Gaarden zieht, wenn man nicht arbeitet. Nach Meimersorf zieht man wohl nur, wenn man gut verdient. Hier erfüllt Gaarden auch eine Funktion ähnlich wie Mettenhof für die Stadt Kiel, die andere Stadtteile nicht im gleichen Maße erfüllen. Daraus ergibt sich auch mit 12,8 Prozent die größte Arbeitslosenquote in Kiel. Sie liegt damit ungefähr so hoch wie in Duisburg (Quelle).
Der Anteil der Leis-
tungsberechtigten in
der Grundsicherung für
Arbeitssuchende an den
unter 65-Jährigen ist
insgesamt zurückgegangen-
gen. Besonders stark ist
dieser Rückgang in den
Ortsteilen Gaarden und
Mettenhof ausgefallen.
(Sozialbericht Kiel 2022)
Die Zahl der Haushalte
der alleinerziehenden
Leistungsberechtigten
in der Grundsicherung
für Arbeitssuchende ist
um 188 zurückgegangen-
gen. Gut ein Drittel die-
ses Rückgangs geht auf
den Ortsteil Gaarden
zurück. Hier hat sich die
Anzahl dieser Haushalte
im Betrachtungszeit-
raum um 59 verringert.
(Sozialbericht Kiel 2022)
Besonders hoch ist die Kinderarmut in Gaarden. Hier scheint mir der größte Handlungsbedarf zu sein und man auch am meisten machen zu können durch eine Vielzahl an Angeboten, die dies zum Teil ausgleichen können. ZB Freizeit- und Bildungsangebote. Auch gerade weil Gaarden so ein junger Stadtteil ist und weil viele Kieler Kinder gerade hier leben.
Zu wirtschaftlichen, aktuellen Zahlen habe ich sonst nichts gefunden (Umsätze, Pleiten, Neueröffnungen).
Ich würde aus dem gefundenen und dem, was ich als Einwohner aber eher sagen, dass es Gaarden heute besser geht, als vor fünf Jahren. Es ist ein schwieriges Pflaster für Neugründungen und folgt ein wenig seinen eigenen Gesetzen. Aber es ist lebenswert trotz der vielen Autos. Auch wenn das stark die Lebensqualität einschränkt.
Es ist wirtschaftlich ggf. schwächer augenscheinlich als andere Stadtteile. Aber man darf auch nicht vergessen, welche Funktionen hier selbstverständlich wahrgenommen werden, die in anderen Stadtteilen ausgeklammert werden.
In dem Mietshaus, in dem ich wohne, wohnen zB in drei Wohnungen 15 Beschäftigte eines Logistikzentrums von Amazon. Die wohnen hier in beengten Verhältnissen, damit irgendwo in Kiel dann billig bei Amazon bestellt werden kann. Ist das die Schuld von Gaarden? Nein. In Gaarden wird viel gearbeitet, sowohl in Haushalten als legal und illegal und profitieren tun davon sehr oft Menschen mit höherem Einkaufen und in anderen Stadtteilen, die allzu gerne auf uns herabschauen. Nichts Neues, aber trotzdem Mist.