2018 hatte ich ein Parklet („Medusalet“) beantragt, dass dann am 26. Juli genehmigt wurde. Ich hatte das als Vorschlag im Rahmen von Gaarden10 eingereicht, weil ich dachte, das wäre eine gute Gelegenheit, da dort nach Ideen für Gaarden gefragt wurde. Ich hatte die Idee aus einer VCD-Leitfaden zur Rückeroberung der Straße:
Der Antragsentwurf sah so aus:
Antrag zur Gestattung eines Parklets in der Medusastraße 7/Kaiserstraße 56
Beschreibung:
Neben den Fahrradbügeln in der Medusastraße (vor BioGaarden) soll in Richtung Vinetaplatz eine Parkfläche versuchsweise zu einem Parklet umgebaut werden. Dieses soll öffentlich für alle nutzbar sein
Ein Parklet ist eine Parkfläche, deren Nutzung umgewidmet wird. Statt Kraftfahrzeugen können darauf dann Fußgänger*innen, Rollstuhlfahrer*innen, spielende Kinder die Fläche nutzen. Die Gestaltung ist dabei offen.
Gründe:
Als Betreiber des Bioladens mit Café stellt sich die Situation des Gehwegs als Problem dar. Der meiste Platz auf der Straße ist dem ruhenden und fließendem Autoverkehr zugeordnet. Aufgrund der Enge auf dem Fußgängerweg wären weitere Sitzmöbel an dieser Stelle nicht genehmigungsfähig. Die Aufenthaltsqualität dieser Straßenecke dort leidet sehr darunter, dass ein Sitzen nur an wenige Stellen möglich ist. Zudem ist der Verkehr in der Medusastraße trotz Einbahnstraßenregelung (die oft ignoriert wird) erheblich und prägt den oft sehr unruhigen Charakter. Ein Parklet an dieser Stelle könnte den Charakter deutlich beruhigen und damit die Wohn- und Aufenthaltsqualität erheblich verbessern.
In dem Haus Kaiserstraße 56/Medusastraße 7 gibt es derzeit 10 Wohneinheiten. Davon besitzen lediglich zwei ein Auto. Dafür stellt das Eckhaus bisher aber rund 5 Parkplätze für das Viertel zur Verfügung.
Von den Bewohner*innen des Hauses stimmen X mit ihrer Unterschrift dem Vorhaben grundsätzlich zu.
Grundsätzlich soll es primär den Anwohner*innen der Kreuzung dazu dienen sich zu treffen
Gestaltung:
Das Parklet soll zur Straße hin so abgegrenzt sein, dass vor allem Kinder dort nicht auf die Straße laufen können. Es stellt eine Barriere zwischen Fahrbahn und Gehweg dar, die das subjektive Sicherheitsgefühl erhöht.
Status:
Das Parklet soll bewusst als öffentliche Fläche gelten und ist nicht Teil der Außengastronomie von BioGaarden. Es soll dort auch keine Bedienung von Kunden stattfinden. Kund*innen anderer Betriebe (wie dem gegenüberliegenden Dönerladen oder Falafelladen) können und sollen die Sitzgelegenheiten auchn gerne nutzen. Ich erwarte das dadurch die Akzeptanz durch die Anwohner*innen auch höher sein wird.
Soweit ich aus dem Flurfunk des Rathauses hörte, war dieses „Experiment“ in der Verwaltung durchaus umstritten und nicht von Anfang an sicher, dass es genehmigt würde. Allerdings waren Christoph Adloff und Gerwin Stöcken dem Projekt aufgeschlossen gegenüber. Stöcken wollte auch mit einweihen, wobei das improvisierte Buffet an dem Tag der Einweihung lustiger weise vorher schon von Obdachlosen dezimiert wurde. Finanziert wurde der Bau durch den Vefügungsfonds Gaarden und Unterstützung des Büro Soziale Stadt. Gebaut wurde das ganze nach einem Entwurf und umgesetzt durch Werk Statt Konsum. Wobei der Entwurf sich dann aus aufwendiger und zeitintensiver herausstellte, als von der Werkstatt geplant.
Die Verwaltung wollte mich dann noch drängen das ganze als privat/gewerblich anzumelden. Aber dann hätte es eben auch keine öffentliche Förderung gegeben. Und die Idee war weniger eine Sitzfläche für meine Kund:innen zu haben, sondern für die Nachbarschaft.
Die Genehmigung sah dann so aus: Genehmigung-Parklet-Medusastrasse.pdf, befristet auf ein Jahr. Zuvor musste wir noch Zeichungen einreichen. Im Kern besteht die konkrete Sondernutzungserlaubnis also aus zwei A4-Seiten. Da sind schon viele Vorgaben, aber es war annehmbar. Das Parklet bestand dann von 2018-2022. Es gab 2020 noch mal ein Update. Allerdings war der Bioladen 2019 geschlossen und mein Supportkreis an Leute wurden geringer. Eine zeitlang übernahm auch Tabea aus dem SPD-Büro offiziell die Verantwortung. Aber als sie dann kündigte war mein Vorschlag wir bauen es alle gemeinsam ab. Denn das Holz war von unten her morsch geworden. Das Palettenholz war doch für einen längeren Zeitraum nicht geeignet. Allerdings war “primär aus Holz” auch eine Vorgabe der Stadt Kiel gewesen.
Teile des Parklets wanderten also dann in diverse Kleingärten. Es gab tausende Schrauben, die ein “Schrauber” übernahm.
2019 erstellte meine Nachbarin Ju für ihr Café Jupiter auch ein Parklet, allerdings teurer und aus Modulen gefertigt, die zwei Tischler:innen in der WSK vorher zusammengebaut hatten. Dafür war es dann mit ca. 5000 € aber auch mehr als doppelt so teuer wie mein Parklet (1.520 €, wobei da der Zeitaufwand eben auch zu gering geschätzt war).
Als ich das Medusalet abbaute beschwerten sich viele Menschen über den Abbau, auch viele Menschen mit Migrationsgeschichte, Fragen wie:
„Warum baut ihr das ab? Seid ihr SPD?“
Offenbar hat die SPD in Gaarden bei manchen Leute eher den Ruf Sachen kaputt zu machen. Zuvor hatte ich zeitweise den Eindruck, viele Menschen wären eher gegen das Parklet. Die gab es auch, aber offenbar eher eine Minderheit. Immer wieder gab es mal Beschwerden, weil Menschen, die auf einem Parklet Platz nehmen ggf. bis spät in der Nacht laut reden. Und das stört dann manche Nachtruhe. Wobei ich sagen würde bei den Pflastersteinstraßen ist es sowieso die ganze Nacht nach draußen kaum auszuhalten durch rasende Autos. Und Menschen sind auch ohne Parklet draußen laut. Zur Not setzen sie sich auf die Straße oder Fahrradbügel.
Ich glaube 2023 baute dann das Café Jupiter ihr Parklet ab, weil sie von den örtlichen Drogendealer zunehmend bedroht wurden und das Parklet immer wieder vermüllte.
Am 1. April 2025 entwarf die Verwaltung dann einen „Leitfaden“ mit dieser Begründung als Drucksache 0351/2025 Am 15. Mai wurde dies in der Ratsversammlung beschlossen:
In der Vergangenheit wurden bei der Verwaltung unterschiedliche Anträge und Bedarfe für Parklets eingereicht. Die Verwaltung hat daher einen Leitfaden zum Umgang mit Parklets im öffentlichen Raum erarbeitet. Dieser wurde verwaltungsintern und ergänzend bei einem „Runden Tisch“ unter Berücksichtigung der Interessen der Kieler Bürger*innen überarbeitet und abgestimmt. Ziel ist es, eine einheitliche Vorgehensweise bei der Genehmigungsbearbeitung zu gewährleisten und transparent zu agieren.
Siehe dazu auch meinen Artikel „Kiel gegen Parklets“ vom 24. März 2025. Im Rahmen der Stadmacher_innen gab es Gesprächgsangebote und vielfältige Erfahrungen mit der Beantragung und Umsetzung einzubingen. Dies wurde aber abgelehnt. Es gab lediglich im Vorfeld zwei große Veranstaltungen, in der von Wirtschaft über Politik bis zu Verbänden informiert wurde und einige Kommentare erlaubt wurden.
Warum war dieser Leitfaden nötig? In der Begründung oben vermutet man, dass er nötig war, weil es Anträge gab. Warum es dazu DIESEN Leitfaden brauchte, wird aber nicht deutlich. Ich habe mir deshalb erlaubt eine Anfrage nach IZG-SH (Informationszugangsgesetz) zu stellen:
Wie viele Anträge auf Einrichtung von Parklets wurden im Zeitraum von Januar 2015 bis 31. Juli 2025 bei der Stadt Kiel gestellt? Bitte teilen Sie die Zahlen nach Jahren auf.
Wie viele dieser Anträge wurden abgelehnt und wie viele wurden genehmigt?
Wie viele Parklets sind derzeit in Kiel von der Stadt Kiel offiziell anerkannt?
Wie viele Unfälle oder Schäden, die durch Parklets verursacht wurden, sind im oben genannten Zeitraum dokumentiert worden?
Ich fasse zusammen: Seit 2015 wurden 12 Parklets beantragt, lediglich drei wurden genehmigt. In Kiel gibt es lediglich EIN Parklet und bisher ist nicht bekannt, dass ein Parklet in Kiel für Schäden verantwortlich war oder Unfälle verursacht hat.
Liest man aber den Leitfanden gibt es zahlreiche Beschränkungen, sodass man davon ausgehen muss, dass es am laufenden Band zu Problemen führt.
Warum werden dann aber Parklets stärker in ihrem Aussehen und ihrer Form reglementiert als Wohnwagen, LKWS, Autos, Elektroroller, Fahrräder ??
In meinen Augen hat Kiel hier die perfekte unnötige Bürokratie geschaffen: Monatelange die Verwaltung beschäftigt - alles nur für ein einziges Parklet!
Man hat damit seitens Kiel also erfolgreich eine Bewegung hin zu Mobilitätswende durch Bürger:innen ausgebremst. Wirklich heldenhaft, großartig!
So ist Verwaltung, wenn sie sich bemüht mehr zu verhindern als zu ermöglichen. Dadurch muss die Initiative wieder von der Verwaltung ausgehen (wenn überhaupt).
Wenn man in die Metzstraße schaut, sieht man, dass dort nicht nach dem eigenen Leitfaden gehandelt wird. Natürlich basieren da Sitzgelegenheiten eher aus Metall (wie im übrigen auch die Parklets der Stadt Berlin):
und ob das den hohen Standards entspricht, die man von den einfachen Bürger:innen erwartet?
Die Stadt geht nicht gut mir uns um leider. Das kostet viel Geld und sorgt für viel Frust. Und bis dato gibt es nicht mal einen Antrag für Parklets und keine Hilfestellung für Antragstellende. Das liegt natürlich daran, dass sämtliche Kritik ignoriert wurde. Es konnte nur verhindert werden, dass Gastro-Parklets generell verhindert wurden. Das stand am Anfang in dem Entwurf. Man versteht es nicht.
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