OB-Wahl Kiel 2025 Abschluss

Wahlen
Autor:in

Thilo Pfennig

Veröffentlichungsdatum

15. November 2025

Schlüsselwörter

Oberbürgermeisterin, Kiel, NOlympia, Graue Wölfe, NOAfD

Wahlplakate 11/2025 an Laternenmast übereinander am Sophienhof

A lot of Wahlplakate (Foto: Thilo Pfennig, Lizenz: gemeinfrei)

Die Oberbürgermeister:innen Wahl wird am Sonntag ihren zweiten Akt abschliessen. Nach dem Wahlkampf der erste Wahlgang. Es erscheint überaus unwahrscheinlich, dass damit bereits eine endgültige Entscheidung gefällt wird.

Das liegt sicher an der Vielzahl an Kandidat:innen. Zum anderen daran, dass keine:r der Kandidat:innen wirklich im Wahlkampf überzeugen konnte. Es ist eher so, dass manche Kandidat:innen sich eher nicht empfohlen haben.

Die AfD darf antreten

Anders als in Ludwigshafen, hat Kiel entschieden einen Kandidaten einer demokratiefeindlichen Partei zuzulassen. Warum ist für mich nicht nachvollziehbar. Und es war in Kiel nie wirklich Thema. Der Kandidat hatte schon vorher für Aufregung gesorgt, da er als Tauchlehrer an der Uni tätig ist und Menschen (auch mit Migrationsgeschichte) ihr Leben ihm anvertrauen sollen - ein unhaltbarer Zustand bei jemandem, der in einer so menschenverachtenden Partei eine Führungsrolle einnimmt. Offenbar sieht man das aber bei der Stadt Kiel sehr entspannt.

Und noch mal AfD

Am 6. November gab es dann eine Abstimmung im Bauausschuss zur Umgestaltung der Esmarchstraße. Hier wollte die SPD den bisherigen Beschluss beibehalten, der gefunden wurde, bevor es ein Dialogforum gab (Siehe extra Artikel). Die LINKE/Die Partei und die GRÜNEN wollten dazu Änderungen. Die AfD schlug sich dann zufällig auf Seite der GRÜNEN und nicht auf die von CDU und SPD. Wodurch der GRÜNEN-Antrag mit nur einer Stimme Mehrheit beschlossen wurde. Das hielt aber weder die CDU noch die SPD davon ab, dem rechtsradikalen und AfD-nahen Sender WELT-TV Interviews zu geben:

WELT TV arbeitet schon länger daran, die Brandmauer zu kippen. Unter andrem lud man auch den Anwalt der AfD Joachim Steinhöfel als “Experten” zur Bürgermeisterwahl von Ludwigshafen ein:

Im Sommer 2020 vertrat Steinhöfel den Bundesvorstand der Alternative für Deutschland (AfD) vor dem Berliner Landgericht gegen Andreas Kalbitz, der gegen die Annullierung seiner Parteimitgliedschaft geklagt hatte.

(Quelle: Wikipedia)

Carsten Rockstein regte sich besonders stark auf, weil hier ja die Brandmauer eingerissen wurde. Seltsamer weise ist er aber Mitglied der bundesweiten CDU, die bewusst und mit Vorankündigung gemeinsam mit der AfD im Bundestag abgestimmt hatte.

Und Graue Wölfe

Und dann gab es noch den Fall, dass der Kandidat der Grünen eine Anfrage eines Volksfestes an die Verwaltung weitergab, die gerne einen Tag später abbauen wollten. Man kann sich jetzt darüber unterhalten, ob man überhaupt Anfragen weiterleiten sollte, weil damit ja auch manchmal Datenschutzprobleme verbunden sind.

Es wurde darauf verwiesen, dass das Fest im Verfassungsschutzbericht 2024 des Landes auftauchte:

2.2 Aktivitäten der Ülkücü-Bewegung Für die in Vereinen organisierte Ülkücü-Szene ist ein aktives Vereinsleben von zentraler Bedeutung. Gemeinsame und öffentliche Aktivitäten dienen dazu, die Mitglieder auch weiterhin an den Verein zu binden und attraktiv für potenzielle neue Mitglieder zu wir- ken. Öffentliche Veranstaltungen sind für die Vereine unter anderem notwendig, um Spendengelder zu generieren. Ein für den in Kiel ansässigen Verein jährlich stattfinden- des Ereignis ist beispielsweise der „Türkische Tag“, welcher auch im Berichtsjahr wieder im Kieler Werftpark ausgerichtet wurde. Hierbei handelt es sich um ein großes, allgemein wahrnehmbares Fest mit kulturellen und politischen Darbietungen. Aufgrund der öffentlichen Wahrnehmbarkeit nehmen immer wieder Personen teil, welche nicht zur klassischen Ülkücü-Klientel gehören. Als Gäste waren Vertreter von anderen Ülkücü-Vereinen sowie die Türkische Generalkonsulin aus Hamburg vor Ort

Viele in Gaarden kennen das Fest. Und aus meiner Wahrnehmung nach 25 Jahren in Gaarden gibt es nicht diese klare Abgrenzung in der türkischen Community, bzw. waren vermutlich schon etliche Kieler Politiker:innen dort Gäste und ich kenne auch Fälle von türkischen Anarchist:innen, die sich genötigt fühlten da aufzutauchen. Und die Hälfte der Dönerläden und viele Moscheen in Gaarden werden mit den Grauen Wölfen in Zusammenhang gebracht. Und Linksradikale und Rechte benutzen in Gaarden auch die gleichen Kneipen/Cafes . Die Grenzen sind in der Community ganz offensichtlich fließender. Ohne dass ich da jetzt einen tieferen Einblick hätte.

Außerdem ist es in Gaarden so, dass jede:r wegen Allem die Ratsleute anspricht, de er/sie kennt. Also natürlich sprechen Leute aus der türkischen Comunity “ihren” Ratsherren an, damit der was für sie macht. Aber nicht nur die. Und zum Teil werden ja auch die, die schon in Rente sind oder ihre Ämter abgegeben hat noch angesprochen.

Also meine Einschätzung, als jemand, der ein bisschen was mitbekommen hat, wie Gaarden funktioniert, würde sagen das ist alles ziemlich hochgekocht aus parteipolitischem Interesse.

Ebenso wie die Nummer mit dem Bauantrag. Ich frage mich da natürlich auch, warum das Fest genehmigt wurde, wenn es ganz klar illegal war und wie Ulf Kämpfer als Verwaltungschef dazu steht, da er für die Genehmigung und Durchführung seit vielen Jahren verantwortlich ist? Aber offenbar scheint die Genehmigung und Durchführung ja völlig okay zu sein, nur die Weiterleitung einer Einzelanfrage sei problematisch?

Olympia? Fehlanzeige!

Zur Bewerbung der Olympischen Sommerspiele hat sich kein:e der Kandidat:innen deutlich geäußert. Der einzige Kandidat, der an sich dagegen ist, ist Björn Thoroe, hat es ansonsten aber auch nicht plakatiert oder als Top-Priorität gesehen. Dabei hängt da so viel dran. Die LINKE Rostock setzt sich für eine Bewerbung ihrer Stadt ein. Weil sie da auch mit regiert. Insofern ist mein Vertrauen auch in der LINKE in Kiel gering, dass sie tatsächlich gegen Olympia kämpfen wird, da sie die große Chance zur OB-Wahl vorbeiziehen lässt und warum sollten sie nicht auch anders denken, wenn sie erst mal mitregieren?

Für mich ist Olympia DAS Top-Thema, weil sich daran so viel festmachen lässt an Prioritäten in einer Stadt. Viele andere Themen werden entweder von vielen Parteien/Kandidat:innen ähnlich angegangen oder sind komplexer. Es gibt ja oft mehrere Varianten, die man wählen kann. Oder verschiedene mögliche Perspektiven. Zu Olympia kann es m.E. aber keine zwei Meinungen geben: Es wird Kiel in eine tiefere Schuldenkrise stürzen.

ÖPNV und Stadtbahn

Hier kann es verschiedene Perspektiven geben. Da ich aber in den letzten Wochen häufiger den Bus in Kiel fahren musste, kam ich zur Überzeugung, dass die aktuelle Situation des ÖPNV in Kiel eigentlich als einziges Argument ausreicht:

  • Wer zu bestimmten Uhrzeiten Bus fährt oder Bus fahren muss. Gerade auch wenn keine Schulferien sind, wird feststellen, dass es da zB in der Linie 11 oft gar kein Rein oder Raus mehr gibt.Das bedeutet alle mit Behinderung, Senior:innen, Kinder und Kinderwägen können dann ggf. den Bus GAR NICHT oder nur SEHR EINGESCHRÄNKT nutzen.

Du kriegst diese Situation mit Bussen nicht gelöst, weil deren Gefäße viel zu klein sind. Eine Stadtbahn kann ein Vielfaches an Fahrgästen aufnehmen und das System Stadtbahn ist auch erweiterbar. Wir haben das System Bis mehr als ausgereizt. Es ist eigentlich schon lange ein unhaltbarer Zustand. Ich bringe da gerne das Beispiel von dem Stadt der GRÜNEN im Oktober noch mitten im Aufbau auf dem Vinetaplatz, wo eine ältere Dame anhielt und nach der OB-Wahl fragte. Im weiteren Verlauf ging es irgendwann auch um die Stadtbahn und sie war mehr als skeptisch, ob Kiel das braucht.

Ich frage:

»Und wie kommen Sie mit der Situation in den Bussen zurecht?«

Ihre Antwort:

»Ich fahre kein Bus«

Keine weiteren Fragen, euer Ehren! Das ist im Grunde auch der Kern der Debatte, wie auch andere Menschen in Kiel, denke ich: Wer in Kiel (regelmäßig und trotz allem) Bus fährt, der weiß, warum er:sie für die Stadtbahn ist. Wer hauptsächlich Auto oder NIE oder SEHR SELTEN Bus fährt hat keine Ahnung, wie es in Kiel aussieht. Ist Gerrit Derkowski schon ein mal Bus gefahren in Kiel?

Wen wählen?

Manche Kandidat:innen haben nie auf meine Anfragen geantwortet, manche habe ich auch nie angeschrieben. Ich kann hier keine Empfehlung geben, da es für die Top 3 immer auch gute Gründe gibt, sie nicht zu wählen.

Aber letzlich bleiben aus meiner persönlichen Perspektive als einzig Wählbare (and in no particular order):

  • Ulf Daude

  • Samet Yilmaz

  • Björn Thoroe

Das spannende am Sonntag wird sein, ob Gerrit Derkowski ist evtl. dennoch in eine Stichwahl schafft, aufgrund seines Bekanntheitsgrades.

Und von den Chancen her wäre meine Vermutung, dass Yilmaz, aufgrund der Stärke der GRÜNEN größere Chancen hat (aber ggf. nicht im ersten Wahlgang an erster Stelle). Allerdings können die oben beschriebenen Ereignisse ihm und den GRÜNEN Punkte kosten. Oder vielleicht gibt es da auch einige, die sagen “jetzt erst recht”? Vielleicht ist der Schmidt/SSW auch an Platz 3 oder 4 der lachende Dritte, oder gleichauf mit Thoroe?

Also die Reihenfolge ist eher spannend. Ich würde vermuten das Daude und Yilmaz trotzdem die meisten Stimmen bekommen werden und in einer Stichwahl gegeneinander antreten. Sollte Derkowski auf Platz 1 oder 2 landen, tippe ich für die Stichwahl darauf, dass dennoch GRÜNE oder SPD das Rennen machen.

Was denkt ihr?

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