Streit um die Esmarchstraße

Ratsversammlung
Autor:in

Thilo Pfennig

Veröffentlichungsdatum

10. November 2025

Schlüsselwörter

Esmarchstraße, Ortsbeirat, Bauausschuss

Esmarchstraße KartenausschnittIn der Kieler Nachrichten wird gerade eine Abstimmung im Bauauschsschuss zum Eklat hochstilisiert. Ich möchte das hier etwas aufdröseln.

Was ist passiert ?

Schon länger gab es in der Esmarchstraße Beschwerden darüber, das Radfahrende den Gehweg benutzen. Nun kam eine anstehende Kanalsanierung dazu. Der Punkt 6 des Ortsbeirates Ravensberg vom 12.06.2024 fasst es eigentlich ganz gut zusammen:

Peter Bender –Tiefbauamt - stellt die Planungen zur Kanalsanierung, die aufgrund der defekten Keramikrohre notwendig ist, aufgrund von Anwohner*innenfragen erneut vor. Von den Bürger*innen werden in einer lebhaften Diskussion verschiedene Einwände geäußert:

  • die Bäume sind unbedingt erhaltenswert und Neupflanzungen können dies nicht ersetzen.
  • die Struktur der Straße mit ihren Aufenthaltsorten wird verloren gehen.
  • die Straße muss geschützt werden, auch Anwohner*innen anderer Straßen nutzen die Esmarchstraße häufig.
  • Eine Bilanzierung des Kronenvolumens und des Wasserhaushaltes sollte unbedingt im Vergleich zur Neupflanzung geprüft werden.
  • Eine Beteiligung der Bürger*innen wie z. B. auch bei der Blühwiesenplanung sollte erfolgen.

Peter Bender stellt dar, dass der Hauptteil der Kosten durch den Kanalbau, der unverzichtbar ist, verursacht wird. Die Bäume können nicht erhalten werden, da der Kanal unmittelbar unter den Bäumen liegt. Eine Verlagerung unter den Gehweg ist nicht sinnvoll, da auch alle anderen Leitungen wie z. B. Fernwärme dann verlegt werden müssen, was einen noch größeren finanziellen Aufwand bedeutet. Der Vorsitzende regt an, den Fuß- und den Radverkehrsbeauftragten bei den Planungen miteinzubeziehen, da es in der Vergangenheit Beschwerden bezüglicher Radfahrer*innen auf den Gehwegen gegeben habe. Peter Bender berichtet, dass das gleiche Pflaster wie am Blücherplatz verbaut werden wird. Die Planungen sind nach der Vorstellung im Ortsbeirat so vom Bauausschuss beschlossen worden. Auf dieser Basis erfolgt jetzt die Ausschreibung, wenn Haushaltsmittel vorhanden sind.

Wo ist die Esmarchstraße? Um welchen Abschnitt geht es?

Die Esmarchstraße ist im Stadtteil Ravensberg gelegen und geht auch unter anderem am Blücherplatz entlang. Hier geht es nur um den Abschnitt zwischen Niebuhrstraße (Verlängerung der Hansastraße)

Es gibt zu den Plänen eine Präsentation des Tiefbauamtes bei den Planungsdialog am 14.5.25 (während der Ortsbeiratssitzung als einziger inhaltlicher Tagesordnungspunkt), darunter auch ein Rückblick:

  • 13.03.2024: Vorstellung der Planung im OBR Ravensberg/ Brunswik/ Düsternbrook

  • 28.03.2024: Beschluss der Planung durch den Bauausschuss (Drs. 0355/2024)

  • 05.12.2024: Prüfauftrag an die Verwaltung für Darstellung weiterer Varianten mit Auftrag für einen Planungsdialog im Bauausschuss beschlossen (Drs. 1354/2024)

  • 04.04.2025: Beantwortung der Rückfragen durch die „IG Blumenpflücker“ in Mitteilung an den OBR (Drs. 0422/2025)

  • Heute (14.5.25): Planungsdialog Esmarchstraße

Die Pläne und Ergebnisse

Nach den Plänen und auch nach dem Dialogforum gab es keine ganz klaren Ergebnisse. Allerdings gab es wohl keine Mehrheit für die Lösung einer Fahrradstraße. Soweit ich sehen konnte, hatte die vorgestellte Variante 1A aber viele Befürworter*innen. Danach wären 30 Parkplätze weggefallen.

Danach wurden weitere Optionsvarianten vom Tiefbauamt entwickelt. Alle Varianten waren also umsetzbar, hatten aber alle neben Stärken auch Schwächen.

Der Bauausschuss, die Sitzverteilung

Am 6.11. gab es eine Bauausschusssitzung zu dem Thema.

  • dort stellte die LINKE einen Antrag für die Variante 1A-II (Variante 1A-II mit Verengung zum Erhalt des fraglichen Baumes o Im Planungsdialog wurde sich der Erhalt des Baumes gegenüber Hausnummer 92 gewünscht. Eine Einengung der Fahrbahn ist an dieser Stelle möglich, verhindert dann allerdings an dieser Stelle den Begegnungsverkehr.)

  • als Alternativantrag brachten dann die GRÜNEN einen Antrag ein, der dann aber nicht die Sub, sondern die Hauptvariante umsetzen wollte (In der Straßenmitte am östlichen Ende sollen Parkmöglichkeiten erhalten bleiben.)

Der Bauausschuss ist wie folgt zusammengesetzt;

Abbildung 1: Sitzverteilung im Bauausschuss

Dann kam es zur Abstimmung. Dabei bekam der Antrag der GRÜNEN nur zusammen mit der AfD ausreichend Stimmen:

Ich habe die letzten Tage einige Fragen per Mail verschickt an GRÜNE, LINKE/Partei, CDU und SPD. Geantwortet haben nur die CDU und die SPD.

Die Kieler Nachrichten sprach sofort von einem Eklat und vom Fall der Brandmauer in Kiel. Dies erscheint doch etwas hochgestochen, da es hier aus meiner Sicht eher um marginale Unterschiede ging. Wenns nach mir geht, ja immer gerne WENIGER Parkplätze. Hierfür waren dann aber nur CDU und SPD. Alle anderen Parteien waren für MEHR Parkplätze. Verkehrte Welt, oder?

Die IG Blumenpflücker war von Anfang an beteiligt. Was sagen sie? Statement (PDF)

Durch die zahlenmäßige Pattsituation hätte damit gerechnet werden können, dass die Stimme der #NoAfD das Zünglein an der Waage sein würde. Das Ergebnis hätte sowohl zugunsten als auch gegen den Antrag der Grünen ausfallen können. Insofern sehen wir die Verantwortung auch bei SPD und CDU, nicht nur bei den Grünen.

Die SPD sah die GRÜNEN in der Verantwortung einen Kompromiss herzustellen. Weder GRÜNE noch SPD wollten an dem Tag einen Antrag einbringen, weil sie sich nicht einig waren. Das Ganze wurde dadurch angestoßen, dass die LINKE/Partei einen eigenen Antrag eingebracht hatte.

Sönke Klettner schrieb zur Vorgeschichte;

Gemeinsam haben SPD und Grüne im Bauausschuss (wieder übrigens einstimmig) beschlossen, dass es einen Planungsdialog vor Ort geben soll, in dem die Verwaltung auch eine Variante erarbeiten soll, die sich am derzeitigen Bestand orientiert und diese vor Ort mit der Bevölkerung bespricht. Die Ergebnisse des Dialog sollten dem Ortsbeirat vorgestellt und eine neue Beschlussfassung herbeigeführt werden. Das ist auch geschehen. Der Ortsbeirat hat gleichwohl beschlossen, an der bereits beschlossenen Variante festzuhalten.

Diesen Planungsdialog hat es dann also als Teil einer Ortsbeiratssitzung gegeben. Das Tiefbauamt bewertet die Ergebnisse in Drucksache 0672/2025 unter anderem so:

Die Kommentare zu Variante 1A enthalten vergleichsweise viel positiven Zuspruch. Bemängelt wurde insbesondere die Alleeoptik.

Aber im Ergebnis:

Die Verwaltung favorisiert weiterhin die bereits beschlossene Variante. Aus Sicht der Verwaltung spricht gegen die Varianten 1A und 1B insbesondere die Tatsache, dass Konflikte zwischen Radfahrerinnen und Fußgängerinnen – auch in vergleichbaren, bestehenden Situation bereits mehrfach beklagt – vorhersehbar sind.

Es ist nun auch ein wenig komisch, wenn das Tiefbauamt mehrere Varianten vorschlägt, dann in einem Dialogforum feststellt, dass einer der Vorschläge mehr positiven Zuspruch erhält und daraus dann macht: Egal, wir machen einfach so weiter, wie von Anfang an geplant.

Herr Klettner (SPD, Mitglied des Bauauasschusses) meint, der Ortsbeirat wollte auch an der beschlossenen Lösung festhalten. Im Juni 2025 wurde im Protokoll festgehalten:

Der Vorsitzende berichtet, dass in der nächsten Ortsbeiratssitzung über die verschiedenen Varianten diskutiert werde. Dann könne der alte Beschluss aufgehoben und eine neue Entscheidung getroffen werden. Der Bauausschuss könne diesem Vorgehen aber vorgreifen.

Allerdings gibt es denn in den Folgesitzungen Juli und September keine Beschlussfassung im Ortsbeirat. Das heißt der Ortsbeirat hat keine Entscheidung für oder gegen eine Variante getroffen, sondern hat diese Entscheidung dem Bauausschuss überlassen.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU Rockstein sagt zum Thema:

Am Ende blieb aber festzuhalten: Keine der Varianten fand eine eindeutige Zustimmung – selbst die Blumenpflücker haben eingeräumt, dass es für jede Lösung auch Gegner gibt. Deshalb haben wir uns entschieden, dem bereits beschlossenen Vorgehen der Verwaltung und der Einschätzung des Ortsbeirats zu vertrauen.

Ich würde sagen, dann können wir uns auch Dialogforen sparen, wenn da Vorschläge und Voten gar nicht ernst genommen werden. Vor allem gehe ich davon aus, dass Varianten, die das Tiefbauamt vorstellt, auch umsetzbar sind und nicht einfach verworfen werden!?

Am 2.10.25 findet man auch folgendes:

Ratsherr Maik-Torben Kristen (GRÜNE) schlägt vor, die laufende Klärung der Zuständigkeit des Bauausschusses abzuwarten, und beantragt die Vertagung des Antrags. Gisela Schulz (AfD) beantragt die Zurückstellung des Antrags.

Es wurde dann (auf die nächste Sitzung) vertagt und nicht zurückgestellt (wäre für einen Zeitraum). Das heißt auch, das Themen hätte so oder so besprochen oder erneut vertagt werden müssen.

Kommentare gerne auf Mastodon !

Man kann sich ein eigenes Bild über den Verlauf machen machen sowohl im Ortsbeirat als auch im Bauausschuss, in dem man im Ratsinformationssystem der Stadt Kiel in der Volltextsuche mal nach “Esmarchstraße” sucht.

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